Wintergäste in Topform

Die Wildgänse am Niederrhein haben keine Vogelgrippe

Der Osten bringt uns wieder mal in Gefahr. Aus Russland einreisende Vogelschwärme tragen die Vogelgrippe nach Westeuropa. Dass dieses Szenario a) eine Gefahr für Mensch und Tier, b) reine Panikmache, c) sehr wahrscheinlich ist, kann man derzeit überall lesen. Eines immerhin steht fest: Die arktischen Wildgänse, die jetzt schon ihr Winterquartier am Niederrhein bezogen haben, sind putzmunter. Kotuntersuchungen haben bislang keine Hinweise auf Vogelgrippe unter den Zugvögeln ergeben, heißt es aus dem NRW-Landwirtschaftsministerium. Endlich eine gute Nachricht.

Andererseits muss das nicht viel sagen. Bislang ist ohnehin erst eine Vorhut von wenigen tausend Gänsen auf den Weideplätzen zwischen Duisburg und Nijmegen eingetroffen. Erst ab November ist dort in Rheinnähe richtig was los, bis zur Jahreswende werden etwa 150.000 Wildgänse erwartet: Blässgänse aus Sibirien, aber auch 15.000 Saatgänse aus Skandinavien.

Weil es in ihrer Sommerheimat im Winter gerne mal zweistellige Minusgrade hat, gönnen sich die arktischen Wildgänse bei uns eine „warme“ und nahrungsreiche Auszeit. NRW erfreut sich bei den Wildgänsen auch deshalb großer Beliebtheit, weil sie hier ganzjährig von der Jagd verschont sind – im Gegensatz etwa zu Holland, wo sie außerhalb bestimmter Schutzzonen von den Bauern tatkräftig verjagt werden. Zwar sind auch hiesige Landwirte nicht gerade begeistert von den Wintergästen. Für Schäden, die vor allem auf Wintergetreideackern mit gerade sprießenden Jungpflanzen entstehen können, erhalten Landwirte allerdings vom Land eine Entschädigung; rund 1,5 Millionen Euro hat NRW dafür im letzten Jahr springen lassen.

Die Gefahr, dass die Gänse das Land in diesem Jahr noch mehr kosten werden, weil sie die Vogelgrippe einschleppen, ist laut Experten eher unwahrscheinlich. „Die Gefahr durch Zugvögel wird ziemlich hoch gekocht“, sagt Daniel Doer von der NABU-Naturschutzstation in Kranenburg. Bislang gebe es kaum Überschneidungen zwischen den Flugrouten und den Hauptkrankheitsgebieten. Die Blässgänse am Niederrhein etwa kämen aus dem Norden Sibiriens, die Vogelgrippe kursiere aber im Süden – entlang der Transsibirischen Eisenbahn. Und mit der fahren Gänse eher unfreiwillig. SUSANNE GANNOTT