Grüne Chefs laufen sich warm

Im Januar wählen NRWs Grüne neue Chefs – die bisherigen Vorsitzenden Britta Haßelmann und Frithjof Schmidt sind nach Berlin und Brüssel gewechselt. Zur Auswahl: Drei Männer, nur eine Frau

AUS DÜSSELDORFANDREAS WYPUTTA

Noch ist die Partei nicht informiert, doch im Hintergrund bringen sich die Kandidaten in Stellung: Bei den nordrhein-westfälischen Grünen steht beim Parteitag im Januar die Neuwahl der Landesvorsitzenden an. Die bisherige Chefin Britta Haßelmann aus Bielefeld, bei den Bundestagswahlen auf Platz drei der Landesliste gesetzt, wechselt nach Berlin. Und der Grünen-Vorsitzende Frithjof Schmidt pendelt seit der Europawahl 2004 zwischen Düsseldorf, seinem Wohnort Bochum und Brüssel als Sitz des Europaparlaments.

Zeit für eine personelle Neuaufstellung also. Bisher als einzige Kandidatin gehandelt wird Daniela Schneckenburger, seit 1997 Fraktionssprecherin der Grünen im Dortmunder Rat. 1960 in Bruchsal im Landkreis Karlsruhe geboren, lebt die Mutter zweier Kinder seit 1990 im östlichen Ruhrgebiet, kandidierte 2004 für das Amt der Oberbürgermeisterin. Die panisch gewordene Dortmunder SPD aber kündigte die Zusammenarbeit mit den Grünen ohne jede Vorwarnung auf – und die grüne Fraktionschefin Schneckenburger wirkte völlig überrascht. Auch ihr Job als Aufsichtsratschefin des mit 5,5 Millionen Euro stark defizitären neuen Dortmunder Konzerthauses könnte Schneckenburgers Aufstieg zur Landeschefin behindern. Doch derzeit ist noch keinerlei weibliche Konkurrenz in Sicht.

Bei den Männern rangelten dagegen schon jetzt drei Kandidaten um den Chefposten, ist in Düsseldorf zu hören: Der Kölner Arndt Klocke bringt sich ebenso ins Spiel wie der Vorsitzende der Grünen im sauerländischen Olpe, Gerd Sauer. Einer breiten Öffentlichkeit kaum bekannt ist Ernst-Christoph Stolper, enger Vertrauter der wie Haßelmann in den Bundestag wechselnden Ex-Landesumweltministerin Bärbel Höhn: Stolper leitete in Höhns Umweltministerium die wichtige Abteilung VII für Grundsatzfragen, Planung und Koordinierung und Eine-Welt-Politik.

Als Favorit gilt jedoch Arndt Klocke. Bei den Landtagswahlen vom Mai errang der 34-jährige als Direktkandidat im Wahlkreis Köln III, also den Stadtteilen Nippes und Ehrenfeld, mit 18,6 Prozent das beste Ergebnis für die Grünen landesweit. Über 10.000 Kölner votierten für den Wahlkreismitarbeiter des Rechtsexperten der grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck. Offensiv nutzt Klocke das Kölner Milieu, geht offen mit seiner Homosexualität um. Die Kandidatur zum Landesvorsitzenden ist das nächste politische Projekt des Ex-Sprechers der grünen Landesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik – die Rubrik „Aktuelles“ seiner Homepage endet noch immer mit dem Landtagswahlkampf.

Gerd Sauer, dritter potenzieller männlicher Kandidat, kennt das politische Düsseldorf bestens: Der 48-jährige arbeitet seit Jahren als Vorstandsreferent der Grünen Landtagsfraktion, vertrat bereits Fraktionssprecher Rudolf „Rudi“ Schumacher bei dessen zeitweisem Wechsel auf die Stelle des stellvertretenden Regierungssprechers in der Staatskanzlei. Als Landtagskandidat aber scheiterte Sauer wie Klocke: Beide schafften den Sprung ins Düsseldorfer Parlament nicht.

Damit könnten auch die neuen grünen Landeschefs wie schon die Amtsinhaber Haßelmann und Schmidt nicht im Landtag vertreten sein – auch Stolper verfügt über kein Mandat. Ein Hinderungsgrund wäre der fehlende Sitz im Landtag aber keinesfalls: Noch immer gilt bei Nordrhein-Westfalens Grünen die Trennung von Amt und Mandat.

Der Aachener Abgeordnete Reiner Priggen, der den Landesverband bereits von 1994 bis 2000 zusammen mit der Mülheimerin Barbara Steffens führte und nicht nur wegen seiner Erfahrung als Wunschkandidat vieler führender Grüner gilt, winkt dagegen ab. Er stehe für eine weitere Kandidatur nicht zur Verfügung, habe Priggen deutlich signalisiert, sagt eine Mitarbeiterin der Landtagsfraktion: „Dann heißt es wieder, dass die personelle Erneuerung auch bei den Grünen ausfällt.“ Der grüne Landesparteitag im Januar wird spannend.