„Nutzer finanzieren Fernstraßen schon jetzt“

NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) hält nichts davon, den Haushalt mit dem Verkauf der Autobahnen zu entlasten. Eine daraus resultierende flächendeckende PKW-Maut sei den Autofahrern nicht zuzumuten, sagt er

taz: Herr Wittke, der künftige Finanzminister Peer Steinbrück hat eine Privatisierung des Autobahnnetzes angeregt. Macht das Sinn?

Oliver Wittke: Peer Steinbrück sucht Instrumente, um den Bundeshaushalt zu entlasten. Ich glaube nicht, dass der Verkauf der Autobahnen dies nachhaltig leistet. Das würde dem Prinzip ‚linke Tasche rechte Tasche‘ entsprechen – es sei denn, man peilt mittelfristig die Einführung einer PKW-Maut an, um neue Einnahmen zu bekommen. Das lehne ich jedoch eindeutig ab.

Weshalb sperren Sie sich so gegen eine PKW-Maut?

Die Belastung der Autofahrer hat eine Grenze erreicht. Man muss nur auf die aktuellen Benzinpreise schauen, um zu sehen, dass ein Mehr an Abgaben den Berufspendlern und allen, die dringend auf ihr Fahrzeug angewiesen sind, nicht zuzumuten ist.

Beim Neubau von Autobauen beziehen Sie private Unternehmen doch bereits in Public-Private-Partnership-Projekten ein. Öffnen Sie damit nicht die Tür zu privaten Autobahnen?

Über PPP-Modelle kann man tatsächlich reden. Allerdings gelten dabei für mich zwei Bedingungen: Der erste Weg kann sein, dass schon die Finanzierungskosten von Privaten getragen werden, die auch später von der Autobahn profitieren. Das hat beispielsweise die lokale Wirtschaft beim Ausbau der A 31 getan. Die zweite Weg ist, eine privat finanzierte Strecke später zu bemauten – zum Beispiel bei Brücken oder Tunnelvorhaben. Solche Projekte entlasten die Autofahrer tatsächlich.

Ist das nicht unlogisch? Man kann doch allein wegen des zu erwartenden Ausweichverkehrs nicht einzelne Strecken kostenpflichtig machen und andere nicht.

Natürlich entsteht in diesen Fällen Ausweichverkehr. Deshalb sehe ich – wenn überhaupt – nur ganz wenige Strecken in NRW, auf denen man eine Bemautung einführen kann. Generell gilt: Es gibt eine Tradition in Deutschland, nach der die öffentliche Hand das Straßennetz bezahlt. Schon seit den fünfziger Jahren wird ein Teil der Mineralölsteuer für den Straßenbau eingesetzt. Deshalb haben wir de facto auch ohne Maut bereits eine Nutzer abhängige Finanzierung des Fernstraßenbaus.

Sollte man Vielfahrer dann nicht konsequenterweise durch eine Maut stärker beteiligen?

Wer viel fährt, zahlt doch schon heute mehr: Durch eine hohe Mineralölsteuer, durch die Ökosteuer und durch die Mehrwertsteuer, die alle auf den Benzinpreis aufgeschlagen werden.

Wenn die Maut nicht aus Gründen der Ökologie oder der Gerechtigkeit kommt – kommt Sie dann früher oder später auf Druck der Finanzpolitiker von SPD und CDU?

Ich wage da keine Prognose. Angesichts der dramatischen Lage der Haushalte wäre die Halbwertzeit einer jeden Antwort sehr gering. Ich kann nur sagen: Wir lehnen in Nordrhein-Westfalen eine zusätzliche Belastung der Autofahrer ab. INTERVIEW: KLAUS JANSEN