Die Fälscher der Marmelade

Morgen endet der letzte Teil des Prozesses um die Betrugsgeschichte aus dem Alten Land vor dem Landgericht Stade

Städter können sehr naiv sein. Sie sehen im Vorbeifahren die Schilder, auf denen „selbst gemachte Marmelade“ steht, sie parken ihr Auto und betreten den Hofladen, wo ein älterer Obstbauer sitzt. Mit Edding hat er auf die Marmeladengläser den Inhalt geschrieben.

Da darf es auch ein bisschen teurer sein, denkt der Städter und liest Monate später in der Zeitung von dem Vorfall, der das Alte Land bei Hamburg erschüttert. Marmeladenfälschung! „Hausgemachte Marmelade gehört auf vielen der rund 500 Obstbauernhöfe im Alten Land zum Standardangebot im Straßenverkauf“, umriss die dpa gestern die Dimension des Problems. Auf einem Hof in Westerjork waren Zollbeamte fündig geworden, sie stellten palettenweise Kirschkonfitüre sicher. Auf den handgeschriebenen Etiketten stand der Preis: 2,50 Euro.

Dummerweise war in den Gläsern aber Supermarkt-Marmelade drin, die nur die Hälfte gekostete hatte. Die Original-Etiketten waren entfernt worden, die Frage war nur von wem. War es der alte Obstbauer (65) oder seine Ehefrau (62)? Oder ihr Sohn (39) oder dessen Ehefrau (36)? Weil die Schuld nicht eindeutig zugeordnet werden konnte, hatten die vier einen Strafbefehl über 900 Euro zurückgewiesen und auch gegen ein Amtsgerichtsurteil über eine Strafe von 2.400 Euro Berufung eingelegt. Im Sommer schließlich hatten sie eingelenkt, 900 Euro bezahlt, im Gegenzug war das Verfahren eingestellt worden.

Nur der Sohn muss noch mal vor das Landgericht Stade, morgen um neun, er war zur Berufungsverhandlung nicht erschienen. Zwei Jahre hatten die juristischen Auseinandersetzungen gedauert, liest der Städter. Und erinnert sich, dass er sich damals gewundert hat über den Geschmack der Marmelade. Wenig Frucht, viel Zucker. Wie aus dem Supermarkt. Im Grunde hatte er es doch gleich gewusst. dpa / wie