Keine Anklage gegen Polizist

Eingestellt Der Polizist, der im März eine 17-Jährige durch Schüsse aus seiner Dienstwaffe schwer verletzte, muss sich nicht vor Gericht verantworten

Eingestellt hat die Bremer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen einen Polizeibeamten, der am 4. März eine 17-Jährige durch Schüsse aus seiner Dienstwaffe schwer verletzt haben soll. Der Polizist habe in Notwehr gehandelt, teilte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Frank Passade am Dienstag mit. Daher könne er nicht wegen des versuchten Totschlags angeklagt werden.

Auch Gründe für eine Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt will die Staatsanwaltschaft nicht erkennen. „Diese würde eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung voraussetzen, die vorliegend gerade nicht festgestellt werden kann“, so Passade.

Zum Tatvorgang: Der beschuldigte Polizist war im März mit Kollegen zu einem Familienstreit in der Straße Tiefer in der Innenstadt gerufen worden. Laut Staatsanwaltschaft seien die Beamten davon ausgegangen, dass Leib und Leben der Beteiligten unmittelbar gefährdet gewesen seien.

Im Treppenhaus hätten sie Blutspuren gesehen, die zu der Tatortwohnung führten. Hinter der Wohnungstür hätten sie Geräusche gehört, „die auf eine Auseinandersetzung innerhalb der Wohnung schließen ließen“, sagte Passade. Die Tür sei dann plötzlich geöffnet worden, jemand habe auf den direkt davor stehenden beschuldigten Polizisten geschossen. Dieser habe das Feuer erwidert und fünf Schüsse auf die wieder geschlossene Eingangstür abgegeben. „Die war höchstens einen Spalt breit offen.“ Er habe deshalb nicht sehen können, dass sich hinter der Tür eine junge Frau befand. Diese wurde von drei Schüssen getroffen und musste operiert werden.

Der Polizist habe außerdem nicht gewusst, dass es sich „nur“ um eine Schreckschusspistole handelte, den Nachbau einer Walther P22, sagte Passade. Sie war am Tatort gefunden worden.

Dass der Polizist gleich fünf Mal geschossen hat, erklärte Passade gestern auf Nachfrage der taz damit, dass der Polizist sich unmittelbar bedroht gefühlt habe. Es spiele außerdem keine Rolle, dass der Polizist Beamter im Sondereinsatzkommando war und bei der Polizeistreife hospitierte. „Er war ganz normal dem Einsatz zugeteilt.“

Jürn Schulze, Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, lobte die Staatsanwaltschaft. Es gehöre zum allgemeinen Verständnis, dass „jeder Angriff auf Polizeibeamte Konsequenzen hat“, so Schulze. „Blindes gewalttätiges Handeln in der bloßen Annahme, dass vor der Tür ein Angreifer lauert, ist mit unserem Rechtsverständnis nicht vereinbar.“ eib