heute in hamburg
: „Problem der Metropole“

Wohnungsbau Diskussion über die Kollision von Flüchtlingsunterkünften und Umweltschutz

Alexander Porschke

Foto: privat

62, Ingenieur, war von 1997 bis 2001 Umweltsenator und ist seit 2010 Vorsitzender des Nabu Hamburg.

taz: Herr Porschke, wie viel Prozent der Hamburger Fläche stehen unter Naturschutz und dürfen nicht bebaut werden?

Alexander Porschke: Rund 30 Prozent. Zehn Prozent Naturschutz- sowie 20 Prozent Landschaftsschutzgebiet. Aber natürlich kann der Gesetzgeber den Status ändern und die Bebauung doch erlauben.

Baut und plant der Senat überproportional viele Flüchtlingsunterkünfte in Biotopen?

Naturschutzgebiete sind nicht betroffen. Aber Landschaftsschutzgebiete werden stark herangezogen. Das liegt auch daran, dass die Bezirke nur Flächen anbieten dürfen, die nicht für den normalen Wohnungsbau vorgesehen oder geeignet sind, um keine Konkurrenz zum einheimischen Wohnungsmarkt zu erzeugen.

Woraus schließen Sie, dass Biotope so stark betroffen sind?

In Hummelsbüttel zum Beispiel wird eine Flüchtlingsunterkunft mitten in ein Landschaftsschutzgebiet gesetzt, sodass sie es quasi durchschneidet.

Warum?

Es sieht so aus, als wolle man Abstand zu den Nachbarn halten, um Klagemöglichkeiten zu vermeiden. Zugleich plant der Senat normale Wohnungen neben den Flüchtlingsunterkünften – auch in Öjendorf ist das so. Das heißt, man nutzt die Not, Unterkünfte zu schaffen, um auch normale Wohnungen in die Landschaftsschutzgebiete zu setzen.

Mit welchem Argument?

Mit dem der Integration.

Dann könnte man von vornherein näher an die Nachbarn heran bauen.

Eben. Dieser Widerspruch zeigt, dass es dem Senat in Wahrheit darum geht, weitere Flächen für Wohnungsbau zu gewinnen. Das finden wir nicht in Ordnung.

Apropos Flächenverbrauch: Wären Ihnen viele kleine Unterkünfte lieber?

Persönlich ja. Unter Naturschutzgesichtspunkten ist es problematisch, denn ich fürchte, man braucht dann noch mehr Fläche.

Wie lässt sich das Dilemma lösen?

Erstens, indem die Stadt das reguläre Wohnungsbauprogramm in Teilen für Flüchtlinge reserviert. Zweitens, indem es in der gesamten Metropolregion angegangen wird. Interview: PS

Diskussion „Wohnungsbau und Flüchtlingsunterkünfte“ mit Anselm Sprandel (Flüchtlingsbeauftragter), Klaus Schomacker, (Volksinitiative Hamburg für gute Integration), Alexander Porschke (Nabu), Sven-Michael Veit (taz-Redakteur und Moderator): 18 Uhr, Nabu-Geschäftsstelle, Klaus-Groth-Str. 21