Gift für die Eigentümer

ALTLASTEN Mitten in Hannover steht ein Wohnquartier auf verseuchtem Boden. Wer zahlt die Sanierung?

Erleichterung könnte ein Altlastenfonds schaffen

Die Industriejauche aus Schwermetallen und radioaktiven Stoffen steckt im Boden und frisst sich durch Häuserwände. Wir sind nicht in Shenyang oder Murmansk, sondern mitten in Hannover. Genauer, am Lister Platz. Betroffen sind Spielplätze, Rasenflächen und 182 Wohnungen. Gefahr für Leib und Leben besteht zwar keine, sofern man sich vorsieht, versichern die Behörden. Aber die Bevölkerung ist alarmiert. Das Erdreich muss abgetragen, das Wohnquartier saniert werden. Wenn die Eigentümer Pech haben, müssen sie den Schlamassel selbst bezahlen. Stadt, Region und der Honeywell-Konzern, Rechtsnachfolger der Verursacherfirma Riedel-de Haën, weigern sich die Kosten zu tragen.

Es geht um 4,5 Millionen Euro. Honeywell ist erstmal fein heraus. Eine Klage der Region, die den Chemie- und Waffenproduzenten regresspflichtig machen wollte, scheiterte am Dienstag vor dem Verwaltungsgericht. Riedel-de Haën hantierte am Lister Platz rund hundert Jahre lang mit Quecksilber, Blei und anderen Schadstoffen, ehe man an Honeywell verkauft wurde. Der Richter sah sich außer Stande, festzumachen, wer für das Gift gerade zu stehen hat.

Nun ist guter Rat teuer. Die Region Hannover steht als Bodenschutzbehörde in der Pflicht. Genauso wie die Stadt Hannover. Sie hat nach dem Krieg Bebauungsflächen ausgewiesen, die verseucht waren. Doch der Umweltdezernent Hans Mönninghoff hat eine „eindeutige Position“. Er wird die städtischen Flächen sanieren, der Rest interessiert ihn nicht. Kein Wunder bei rund einer Milliarde Verbindlichkeiten. Ähnlich mies ist die Finanzlage der Region. Man sei sich der Verantwortung bewusst, sagt eine Regionssprecherin, warte „aber noch auf die Urteilsschrift“. Dann werde geprüft, ob man sich nochmal mit allen Parteien zusammensetze.

Erleichterung könnte ein Altlastenfonds schaffen, den die Wirtschaft finanziert, um Private gegen Industrie-Altlasten abzusichern. In vielen Bundesländern ist so etwas Usus. Aber Umweltminister Hans-Heinrich Sander hält davon nichts. Wie es aussieht, werden die Eigentümer bluten müssen. MQ