Sprache als Schlaghose

Auch Sprache ist wechselnden Moden unterworfen. Worte kommen und gehen, und das ist sehr „sexy“

Möchten Sie sich wichtig tun? Sie können das, indem Sie das Wort „sexy“ benutzen. Nicht, um einen Menschen zu beschreiben, sondern einen Gedanken oder einen Gegenstand. In Medienkreisen zum Beispiel bürgerte sich das Wort „sexy“ vor zwei Jahren für Ideen ein. Wenn man einem Redakteur erklären möchte, warum ein bestimmtes Thema in die Zeitung sollte, sagt man einfach: „Das Thema ist sexy.“ Übersetzung: „Das Thema interessiert gerade viele Leser“, aber „sexy“ hört sich cooler an.

Auch das Wort „cool“ war mal angesagt. Nachdem Anfang der Achtzigerjahre die Jugendlichen alles cool fanden, was ihnen gefiel, verschwand das Wort erst mal wieder von der Bildfläche. In den Neunzigern tauchte es wieder auf: mit der Retro-Aura war es wieder benutzbar geworden. Aber auch Retro-Wellen verschwinden wieder.

Sprache ist wie Kleidung: Man kann sich mit ihr schmücken oder Gruppenzugehörigkeit signalisieren. Und Mode spielt dabei eine große Rolle. So ist es schon seit vielen Jahren schick, das Wort „Diskurs“ statt „Diskussion“ zu benutzen. Ein Dauerbrenner wie Haare mit Gel. Beides eine Verirrung. Das Wort „geil“ als universelles Qualifizierungsattribut ist hingegen schon lange tot wie grün gefärbte Jeans und wartet auf eine Renaissance.

Wenn Sie Avantgarde sein wollen, sollten Sie Trends selbst setzen. Finden Sie einfach etwas wieder „astrein“. Oder tragen Sie Streifenhosen. Sie können sich auch unschuldige Wörter leihen, um sie ganz neu aufzuladen, wie mal geschehen mit „erster Sahne“ oder „voll Banane“.

Wenn Sie sich schmücken möchten, indem Sie einen Gedanken oder ein Gebäude „sexy“ finden: Beeilen Sie sich. Bald wird das Wort so verbreitet und abgenutzt sein, dass es richtig unsexy wird, es zu benutzen. Dann müssen Sie warten, bis es retro wird. GIUSEPPE PITRONACI