Hoffnung verflogen

Handball Der THW Kiel hat sich aus dem Kampf um die deutsche Handball-Meisterschaft verabschiedet. Der Rekordmeister verlor am Sonntag das Nordduell gegen die SG Flensburg-Handewitt

Es war schon so etwas wie ein Kieler Gesetz, dass es im Juni gleich zwei Gründe zum Feiern gibt: die Trophäenfeier des Handball-Rekordmeisters THW Kiel auf dem Rathausplatz, und die Kieler Woche. Doch in diesem Jahr könnte es anders kommen. Die Kieler Woche, eines der größten Segelsportereignisse der Welt, findet zwar statt.

Doch nach einer Siegesfeier des THW, dem sportlichen Aushängeschild der Stadt, sieht es nicht aus. Dem erfolgsverwöhnten Klub droht eine „Nullrunde“. Es wäre die erste Saison seit 2003, ohne dass er einen richtigen Titel gewonnen hätte.

Dabei sah es vor Beginn der Saison noch ganz erfreulich aus: Da zog der Verein im direkten Duell mit dem ewigen Rivalen Flensburg den Supercup an Land. Sollte es aber dabei bleiben, würden sie diesen Titel von fragwürdiger sportlicher Wertigkeit bestimmt nicht mehr groß feiern. Denn sonst liefe der THW Kiel mit seiner reich gefüllten Pokalvitrine Gefahr, sich lächerlich zu machen.

Nach dem 26:28 am Pfingstsonntag im Bundesliga-Nordderby gegen die SG Flensburg-Handewitt ist auch der letzte Rest an Hoffnung auf den Gewinn der Meisterschaft verflogen. Vier Tage zuvor hatte es durch ein 29:28 beim DHB-Pokalsieger SC Magdeburg schon einen gewaltigen Rückschlag im Dreikampf um die Meisterschaft gegeben. Und so werden sie in Kiel jetzt aus der Ferne zuschauen müssen, wer sich die Schale holt – der Spitzenreiter Rhein-Neckar Löwen oder Flensburg-Handewitt.

Die Löwen sind mit 50:8 Punkten und +192 Toren Erster, die SG folgt mit 49:9 Zählern und +143 Toren dahinter. In Flensburg hoffen sie vor allem auf die HSG Wetzlar. Dort müssen die Löwen am kommenden Sonntag antreten, dort besteht an den letzten drei Spieltagen die größte Stolpergefahr.

„Wir haben uns die Chance bewahrt, bis zum Schluss oben dabei zu sein und haben einen Riesen-Schritt in Richtung Champions League gemacht. Ich bin stolz“, sagte SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke. Für die Flensburger war es der vierte Sieg im sechsten Nordderby dieser Saison. Sie hatten auch schon im DHB-Pokal beim THW gewonnen.

Jetzt bleibt den Kielern nur noch die vage Aussicht auf den Gewinn der Champions League am letzten Mai-Wochenende beim Final Four in Köln.

Im Halbfinale trifft der THW auf den ungarischen Rekordchampion MKB Veszprem, in einem möglichen Endspiel ginge es gegen den Gewinner der Partie Paris-Saint-Germain gegen KS Vive Kielce (Polen). Vor allem das Pariser Team, das durch eine Investorengruppe aus dem Emirat Katar zu einem Starensemble hochgepäppelt wurde, gilt als großer Favorit auf den Gewinn des wichtigsten Europapokals.

„Nachdem die Flensburger uns viel Glück für das Final Four gewünscht haben, drücke ich ihnen jetzt die Daumen für den Gewinn der Meisterschaft“, sagte THW-Linksaußen Dominik Klein. In schwierigen Zeiten, in denen schließlich nur noch die Hoffnung bleibt, bilden sich offenbar ganz erstaunliche Allianzen. GÖR