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Berliner SzenenMaientage

Alta, mach auf!

Sie hüpft, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, wie ein Flummi

Bisher war ich immer nur mittwochs bei den Maientagen in der Hasenheide, weil da alles den halben Preis kostet und es darum sehr voll ist. Dieses Jahr ließ der Terminkalender der Kinder keinen Besuch am Mittwoch zu. Wir gehen am Donnerstag, da ist es leer.

„Nessie“ ist die Bahn für alle, denen das Karussell zu zahm, aber die „Wilde Maus“ noch zu gruselig ist. Man sitzt in Wagen, die an das Seeungeheuer von Loch Ness erinnern sollen, fährt ein bisschen rauf und runter, und am Schluss wird man kurz nass gespritzt. Ideal für Grundschüler und risikoaverse Eltern.

Für „Nessie“ haben sich bisher nur zwei zahlende Kunden gefunden, eine vom Leben gekennzeichnete Mutter mit Kind, das einen silbernen Ballon hält. Beide haben Lebkuchenherzen um den Hals, ein Softeis in der Hand und starkes Übergewicht. Ein Wunder, dass der Bügel, der die Fahrgäste sichert, überhaupt geschlossen werden konnte, aber er ist zu und hält. Die Mutter hat jetzt anscheinend aber keine Lust mehr zu warten, bis es losgeht. Sie ruft dem Kerl am Eingang, der mit dem Rücken zu ihr steht, zu: „He, wir wollen raus.“ Der Angesprochene reagiert nicht. „Ej, Alta, mach den Bügel auf!“ Wieder keine Reaktion.

Die Frau versucht sich aus dem Wagen herauszuwinden, aber der Bügel und ihr Leibesumfang sind davor. Je länger es dauert, desto mehr steigert sich die Wut der Frau zu einem Crescendo von undruckbaren Schimpfwörtern. Im Vorbeigehen sage ich zu dem Mann am Eingang, dass jemand aussteigen will. Der deutet auf seine Ohren – er ist taub.

Ich zeige auf die Frau, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten inzwischen auf und ab hüpft wie ein Flummi. Er stürzt zum Wagen, entriegelt den Bügel und drückt dem Kind ein paar Plastikchips in die Hand. Schimpfend zieht die Mutter mit ihrem Kind ab. Tilman Baumgärtel

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