Berlusconi-Gegner im Stimmungshoch

Das Gesicht strahlend, die Finger zum Victory-Zeichen gespreizt: Romano Prodi präsentierte sich am späten Sonntagabend in Rom wie ein echter Wahlsieger. Dabei hatte er bloß die Vorwahlen für sich entschieden, mit denen die Mitte-links-Opposition ihren Spitzenkandidaten und Berlusconi-Herausforderer küren wollte. Vorwahlen zudem, deren Ergebnis schon vorher feststand: Prodis Kandidatur wird schließlich von allen Parteien im Mitte-links-Bündnis befürwortet.

Dennoch war Prodis Euphorie echt. Schließlich wurden die „Primaries“ zu einem selbst von unverbesserlichen Optimisten nicht erwarteten Vertrauensbeweis für den Expräsidenten der EU-Kommission. 4,3 Millionen Wähler nahmen an dem Votum teil, etwa 75 Prozent sprachen sich für Prodi aus, während der Kommunist Fausto Bertinotti mit 15 Prozent weit abgeschlagen landete und die fünf anderen Kandidaten sich den Rest teilten. Fast jeder fünfte Oppositionswähler im Land, rechneten die Wahlforscher aus, scheute also nicht die Mühe, an dem eigentlich überflüssigen Test teilzunehmen.

Gewollt hatte diesen Test eigentlich bloß Prodi selbst. Hinter der gutmütigen Fassade versteckt sich ein tief misstrauischer Politiker, der von der Mitte-links-Opposition dringend gebraucht, in ihren Reihen aber kaum echte Freunde hat. Zudem soll er im Frühjahr 2006 mit einer oft genug zerstrittenen Allianz in den Wahlkampf ziehen, die aus zwei größeren und acht kleineren Parteien besteht – er selbst aber führt keine dieser Parteien an. „General ohne Armee“, lästert deshalb gern das Berlusconi-Lager, und Prodi nimmt den Spott ernst.

Schließlich war er schon einmal Ministerpräsident, führte nach dem Wahlsieg 1996 – auch damals ging es gegen Berlusconi – gut zwei Jahre die Regierung an. Was das Fehlen einer Hausmacht heißt, bekam er vorgeführt, als ihn seine Koalitionspartner 1998 sang- und klanglos abservierten. Noch mal soll ihm das nicht passieren: Deshalb bestand Prodi auf den Vorwahlen, gegen den Willen so gut wie aller Parteien aus seinem Bündnis. Das Basisvotum soll ihm die Macht verschaffen, im Wahlkampf und dann an der Regierung nicht bloß als „Angestellter“ der Parteien zu agieren, sondern als ihr wahrer Chef in der Koalition.

Prodi ging damit ein hohes Risiko ein; eine schmale Beteiligung bei der Vorwahl, ein zu hohes Ergebnis für den kommunistischen Herausforderer hätte ihn schon sechs Monate vor dem eigentlichen Duell mit Berlusconi politisch ruinieren können. Das Risiko hat sich gelohnt; die mehr als vier Millionen Stimmen verschaffen Prodi jetzt den perfekten Wahlkampfauftakt gegen Berlusconi. MICHAEL BRAUN