Was tun in Hamburg?:
Do, 26. Mai, 19.30 Uhr, Literaturhaus
Nestbeschmutzerin
Sie hat immer gewusst, dass das dissonant ist: Mädchen nur minimal zu bilden, sie wegen eines hellen Rocks zu maßregeln und von der Außenwelt abzuschotten. Nur konnte sich die inzwischen 29-jährige Deborah Feldman, aufgewachsen in der New Yorker ultra-orthodoxen jüdischen Satmar-Gemeinde, lange nicht wehren. Musste zusehen, wie Pädophilie, sogar Mord in der Gemeinde verschwiegen wurde. Als Erwachsene hat sie es geschafft: heimlich Vorlesungen zu lauschen, das autobiografische Buch „Unorthodox“ zu schreiben – das ihr übrigens die elterliche Verstoßung sowie etliche Hass-Mails der Gemeinde eintrug. Inzwischen lebt sie in Berlin, hat ihre jiddische Muttersprache fast vergessen und sagt: „Hier kann ich schön blühen“ in der neu gewonnenen Freiheit und Anonymität.
Do, 26. Mai, 19 Uhr, Galerie Postel, Rutschbahn 2
Utopist
Ist Natur Zivilisation? Lässt sie – oder ihr Abbild – sich aus Zivilisationsresten basteln, de- und rekonstruieren? Der 1974 in Hamburg geborene Künstler Simon Halfmeyer versucht es jedenfalls – unverdrossen Blätter und Bäume Wände und Leinwand malend, zeichnend, sprühend, Zeitungsausschnitte reproduzierend, siebdruckend auf Glas oder scherenschneidend auf Öl. Inspiriert sei er, sagt er, von Reisebeschreibungen des 18. und 19. Jahrhunderts. Und weil das so ist, wird die Schauspielerin Anne Weber jetzt in seiner „Expetopa“-Ausstellung Jules Verne, Georg Forster, Alexander von Humboldt und Daniel Defoe rezitieren. Und die Frage in den Raum stellen, wo die Grenze verläuft zwischen Natur und Zivilisation. PS
Sa, 21. Mai, 20 Uhr, Golem
Entrepreneur
Hätte diese Bezeichnung nicht schon eine alberne Zeitschrift mit Bedeutung versehen, hätte man wohl von einem, wenn nicht dem „Business Punk“ zu sprechen: Denn Alfred Hilsberg hat einst den Punk nach Hamburg gebracht, mindestens, und sich zugleich darin gefallen, dass Punk, da musikalisch rückständig, ihn nicht interessiere. Wenn ihm Vertreter der Trau-keinem-über-drei-Akkorde-Fraktion einst die schönen Zeilen „Scheiß auf Alfred und die Bande/Punkrock ist der Herr im Lande“ widmeten, dann ist das allenfalls ein fernes Echo davon, was sich bei den Markthallen-Festivals abspielte, bei denen Hilsberg Anfang der 1980er-Jahre den eher proletarischen mit dem eher kunsthochschulaffinen Flügel der Bewegung zusammen buchte: Da gab es dann schon mal ordentlich was aufs Maul.
Die Einstürzenden Neubauten hat der gebürtige Wolfsburger herausgebracht, später auch das Debütalbum von Blumfeld, und dass es bei solchen Verdiensten – zumal angesichts des anhaltenden Trends zur Musealisierung der damaligen Subkulturen – nicht schon viel früher zu einer Biografie kam, kann verwundern. Die hat nun der Junge Welt-Feuilletonist Christof Meueler verfasst, und stellt „Das Zick-Zack-Prinzip“ jetzt auch in Hamburg vor – nicht ohne Hilsberg selbst, versteht sich. ALDI
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