Sex, Alkohol und enttäuschte Liebe

Beirut Rock Die Band Mashrou’ Leila hat viele Tabus gebrochen und manches Vorurteil über Araber angekratzt

Arabian Rhapsody: Mashrou’ Leila in Baalbek Foto: Gaby Osman

Mit seinem schwarzen Schnurrbart und dem hautengen Top wirkt Sänger Hamed Sinno wie eine arabische Antwort auf Freddie Mercury. Er singt auf Arabisch, spricht aber auf Englisch zum Publikum, das viele der Songs auswendig mitsingen kann. Das ist zur Konzertpremiere in Berlin bunt gemischt: arabische Youngster, Kopftuch-Girlies, Berliner Hipster, schwule Ausdruckstänzer und knutschende Frauenpärchen.

Die Karten waren im Nu ausverkauft – ein einziger Facebook-Post hatte gereicht. 2008 in Beirut gegründet, hat sich der Ruf der Band bis nach Berlin herumgesprochen Im arabischen Raum sind Mashrou’ Leila eine feste Größe, sie sind in Jordanien, Ägypten und Dubai aufgetreten, gerade haben sie ihr viertes Studio-Album veröffentlicht.

„Das Internet hat uns sehr geholfen“, sagt Hamed Sinno. „Vor allem unsere ersten zwei Videos haben sich superschnell verbreitet.“ Mit ihren melodischen Rockballaden und ihren offenherzigen Texten trafen Mashrou’ Leila einen Nerv. „Wir haben einfach die Musik gemacht, die wir selbst hören wollten“. So spielt Haig Papazian, der zweite Frontman der Gruppe, auf der Geige, und Sinno hat auf dem ersten Album häufig einen Lautsprecher benutzt. Mashrou’ Leila singen in Umgangssprache von Sex, enttäuschter Liebe, vom Alkohol und von den nervenden Straßensperren des Militärs. Ihre Themen sind direkt aus dem Alltagsleben Beiruts gegriffen, und sie haben so manches Tabu gebrochen und so manches Vorurteil angekratzt.

Sänger Sinno ist offen schwul, und dass in seinen Songs auch mal ein Mann seinen Geliebten anschmachtet, er wollte seine Hausfrau sein, ihm Essen kochen und seine Kinder wickeln oder dass in den Videos von Mashrou’ Leila ein Mann geschminkt und im Brautkleid auftritt, sorgt auch im Ausland für Irritationen. Doch seine Fans in der Partymetropole Beirut spielte das bislang keine Rolle, und auch wenn Sinno schon mal das Cover des jordanischen LGBT-Magazins MyKali zierte, sind Mashrou’ Leila in der Region in der Region vor allem wegen ihrer Musik populär.

In einem ihrer neuen Songs spricht die Gruppe ein Gebet für den Gin. Jordaniens Regierung wollte deshalb im April einen Auftritt der Band in Amman absagen, offenbar auf Druck der katholischen Kirche. Doch dann bekam sie den Zorn der Fans zu spüren: Nach einem Sturm der Empörung im Netz nahmen die Behörden das Verbot zurück.

Juliane Schumacher