Hat Jung Strafvereitlung begangen?

JUSTIZ Der Ex-Verteidigungsminister hat den Bundeswehr-Geheimbericht auch den ermittelnden Staatsanwaltschaften vorenthalten

Haben sich Ex-Generalinspekteur Schneiderhan und Ex-Verteidigungsminister Franz-Josef Jung möglicherweise sogar strafbar gemacht? Auf Strafvereitelung steht Haft bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

Als Strafvereitelung gilt es, wenn jemand „absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, dass ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft wird“.

Strafvereitelung begeht nicht nur, wer einem Straftäter bei der Flucht hilft oder ihn vor der Polizei versteckt. Auch eine begünstigende Falschaussage oder die Vernichtung von Beweismitteln können strafbar sein.

Strafrechtlich relevant sind dabei wohl weniger die Interviewäußerungen von Jung, bei denen er davon spricht, dass „ausschließlich terroristische Taliban“ getötet wurden. Das waren Aussagen für die Öffentlichkeit, die nicht darauf abzielten, die Staatsanwaltschaft zu täuschen. Schwerwiegend ist dagegen, dass Jung und Schneiderhan nach Informationen der Bild der Staatsanwaltschaft einen Feldjäger-Bericht über zivile Opfer in Kundus vorenthielten.

Eine Strafvereitelung muss nicht erfolgreich sein. Auch der Versuch ist strafbar.

Es nützt Jung und Schneiderhan also nichts, wenn der Bericht jetzt doch bei der Staatsanwaltschaft landet. Voraussetzung für eine Strafvereitelung ist allerdings, dass der Befehl zum Bombardement des Tanklasters tatsächlich als Kriegsverbrechen oder Tötungsdelikt eingestuft wird. Dies untersucht derzeit die Bundesanwaltschaft.

CHRISTIAN RATH