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: Das Schweigen der Lämmer

Politik und Medien gucken bei der Fusion von Springer und ProSiebenSat.1größtenteils weg

Falls neben der allgegenwärtigen Heuschreckenjagd doch noch ein wenig Zeit übrig sein sollte, lohnt sich in diesen Tagen ein kurzer Blick auf den Stand der Dinge in Sachen Übernahme der ProSiebenSat.1-AG durch Springer. Nein, entschieden ist natürlich noch nichts. Aber auf einem Symposium bei der Konzentrationskommission KEK in Potsdam rangen Anfang dieser Woche Juristen und Medienwissenschaftler um die Frage, welche Kompetenzen die KEK überhaupt besitzt. Klar ist: Sie soll überprüfen, ob durch solche Zusammenschlüsse „vorherrschende Meinungsmacht“ entsteht.

Doch was ist das? Und wie geht das? – Egal, denn für die Befürworter des Springer-Deals ist das mit den Kompetenzen der KEK klar: Sie hat so gut wie gar keine.

Dummerweise hält sich die blöde Kommission aber nicht dran: „Schon in ihren ersten Entscheidungen hat die KEK den dogmatischen Weg zur maßstabslosen Kontrolle gefunden“, so der Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Christoph Engel. Denn die KEK orientiere sich nicht, wie im zuständigen Rundfunkstaatsvertrag vorgesehen, allein an den Marktanteilen der betroffenen Sender. „Vielmehr prüft sie jeweils umfassend, ob durch den angezeigten Vorgang ‚vorherrschende Meinungsmacht‘ entsteht“, erregt sich der Gutachter. Sein Auftraggeber: Springer.

Umfassend ist hier das entscheidende Wort bzw. der Stein des Anstoßes. Und man muss der KEK dankbar für ebendiese umfassende Prüfung sein, weil sie sich wenigstens kümmert.

Die Politik und erstaunlicherweise auch die meisten Medien verhalten sich in Sachen „Springer kauft die eine Hälfte des deutschen Privatfernsehens“ dagegen so, als übernehme da ein kleiner Heimatverlag das Lokal-TV der benachbarten Kreisstadt. In Potsdam zeigten gerade einmal die Grünen Präsenz.

Und auch mit den strittigen Sender-Marktanteilen ist das so eine Sache: Erst wenn ein Unternehmen mit seinen TV-Sendern die Quoten-Grenze von 30 Prozent übersteigt, ist dies „vorherrschende Meinungsmacht“.

Und unterhalb dieser Grenze prüfen dürfe die KEK nur, wenn die Sender auf mindestens 25 Prozent kommen. Nur in diesem Falle dürften dann auch andere Medienbeteiligungen, zum Beispiel Presse oder Radio, eine Rolle spielen. – Für den Springer-Fall ist das alles andere als unerheblich. Doch das künftige Springer-TV (ProSieben, Sat.1, Kabel 1, N 24) kommt praktischerweise nur auf schlappe 22 Prozent.

Die Regel ausgewürfelt hat übrigens seinerzeit so etwas wie eine große Koalition der Medienpolitik. Und zunächst waren als Meinungsmacht-Obergrenze – 25 Prozent vorgesehen … STG