Wahlkampf in Baku mit Hindernissen

Aserbaidschanischer Oppositioneller wird in der Ukraine festgehalten. Das Alijew-Regime fürchtet eine Revolution

MOSKAU taz ■ Rasul Gulijew, der Vorsitzende der Demokratischen Partei und einer der führenden Oppositionellen Aserbaidschans, ist am Montag in Simferopol auf der Halbinsel Krim festgenommen worden. Die ukrainischen Behörden entsprachen damit einem Ersuchen Aserbaidschans, das den seit neun Jahren im amerikanischen Exil lebenden ehemaligen Parlamentsvorsitzenden 2000 zur internationalen Fahndung ausschrieb. Das Regime Präsident Heidar Alijews warf dem Politiker damals vor, einen Umsturzversuch vorbereitet und noch zu Sowjetzeiten 100 Millionen Dollar aus staatlichen Ölgeschäften veruntreut zu haben. 1996 legte Gulijew den Parlamentsvorsitz nieder, nachdem er sich mit dem Alijew-Clan über den innenpolitischen Kurs überworfen hatte.

Gulijew war Montag auf dem Weg nach Baku, wo er an den Parlamentswahlen am 6. November teilnehmen wollte. Die Demokratische Partei ist Teil des einflussreichsten oppositionellen Bündnisses Azadlig (Freiheit). Nach Angaben der Agentur Eurasianet verhandelte Gulijew von Simferopol aus mit der Flughafenbehörde Bakus um Landeerlaubnis. Aserbaidschans Behörden wollen diese auch gewährt haben, Gulijew behauptet, sein Charterflugzeug sei zur Zwischenlandung auf der Krim gezwungen gewesen, da Baku die Landeerlaubnis verweigerte.

In Baku hätte Gulijew mit einer Festnahme rechnen müssen. Beobachter vor Ort meinen, es sei Kalkül der Regimegegner gewesen, den Oppositionsführer von tausenden von Demonstranten in Empfang nehmen zu lassen. Die Machthaber um Präsident Ilcham Alijew, den Sohn des verstorbenen Clanchefs Heidar Alijew, hätten es nicht gewagt, mit Gewalt gegen die Menge vorzugehen. 500.000 Aktivisten aus Parteien, NGOs und Veteranenverbänden könnten mobilisiert werden, behaupteten Vertreter der Opposition im Vorfeld. Der Versuch, Gulijew aus Aserbaidschan fern zu halten, werde die Revolution aber eher noch beschleunigen, meinte Rauf Arifoglu von der Partei Musavat.

Das Regime der Vetternwirtschaft Ilcham Alijews fürchtet seit längerem, die orangenen Revolutionen beim Nachbarn Georgien und in der Ukraine könnten auch in Aserbaidschan Schule machen. Die Sicherheitsbehörden in dem kaspischen Ölstaat sind daher seit Tagen im Alarmzustand. Bis unter die Zähne bewaffnete Einheiten des Innenministeriums bewachen strategisch wichtige Einrichtungen in der Hauptstadt. Flughafen, Regierungsgebäude, Parlament und der Platz der Freiheit sind fest in der Hand der Militärs, die auch alle Zufahrtsstraßen ins Stadtzentrum sperrten.

KLAUS-HELGE DONATH