schneller altern: fotografien aus korea

Megacities und Filme, in denen überdrehte Jugendliche durch neonflackernde Nächte driften, haben im Westen das Bild von Korea geprägt. Selbst der ökonomische Absturz wurde zur Endzeitparabel stilisiert. Wie aber spiegelt sich der irrwitzige Parforce-Ritt, der in den Neunzigerjahren begann, in der Kultur des Landes wider? „ ‚Faster, faster‘ ist Thema an jeder Straßenecke in Korea. Alle Aspekte des Lebens wie Bildung, Business, Militär oder Unterhaltung sind Testgelände für die Grenzen von Geschwindigkeit.“ So zumindest lautet das Resümee von Young June Lee. Er ist Leiter der Fotografieabteilung der Kaywon University und hat für das Frankfurter „Fotografie Forum International“ die Ausstellung „Fast Forward – Photographic Message from Korea“ (bis 27. 11., Leinwandhaus, Weckmarkt 17) zusammengestellt, die wir unter anderem in dieser literataz vorstellen. Dabei sind die Aufnahmen von Area Park oder Back Seung Woo durchaus Dokumente für den asiatischen Spagat zwischen tief religiöser Tradition und Hyperkapitalismus. Back Seung Woo stellt mit „Real World“ (siehe Foto auf dieser Seite) Miniaturen von weltberühmten Gebäuden vor, die in Korea voller Bewunderung für die Originale kopiert wurden. Hein Kuhn Oh wiederum zeigt in seiner Serie „Girl’s Act“ selbstbewusste Teenager, die auf den Porträtfotos wie Renaissance-Figuren erscheinen – und so an die erste Globalisierungswelle der Neuzeit erinnern.

Mit sehr viel skeptischerem Blick begegnet derweil der in Seoul geborene, heute in Amsterdam lebende Fotograf Aram Tanis den Versprechungen des Asien-Booms. Seine Stadtszenarien, die er häufig aus der Vogelperspektive aufnimmt, zeigen die urbane Landschaft als karges, rein funktionales Geflecht aus Straßen, Malls und Wolkenkratzern. Die Fotos zeigen aber auch, wie schwer es ist, Korea auf eine Identität festzulegen. Hochtechnologisierter Tigerstaat? Oder doch schon Saurier der New Economy? Die Fotos von Tanis sind neben Arbeiten von 22 anderen koreanischen und internationalen Künstlern noch bis zum 27. 11. in der Ausstellung „Paralleles Leben“ im Frankfurter Kunstverein, am Römerberg, zu sehen. HARALD FRICKE