Eine Niederlage für die Rechten

Demo Am Samstag schafften es nicht wie angekündigt 5.000, sondern 1.500 Nazis zu einem Aufmarsch. Dagegen gingen 10.000 auf die Straße. Ein Sieg der Zivilgesellschaft

GegendemonstrantInnen am Rande des Nazi-Aufmarschs Foto: Christian Mang

von Marlene Gürgen

Berlin kann’s doch noch: Rund 7.000 Menschen haben am Samstag gegen einen Neonazi-Aufmarsch protestiert. Zahlenmäßig waren die GegendemonstrantInnen den Neonazis damit deutlich überlegen, zu deren Demonstration sich statt der angekündigten 5.000 nur knapp 1.500 Menschen einfanden.

Zu der ­Gegendemonstration, die um 13 Uhr am S-Bahnhof Hackescher Markt begann, hatte das Bündnis Berlin Nazifrei aufgerufen, in dem verschiedene linke Gruppen sowie Gewerkschaften und Partei-Jugendorganisationen vertreten sind. SPD, Grüne, Linke sowie verschiedene Organisationen hatten sich dem Aufruf angeschlossen. Die Evangelische Kirche hatte zu einem eigenen „Spaziergang für Weltoffenheit und Toleranz“ mobilisiert, an der nach Polizeiangaben rund 3.000 Menschen teilnahmen. Insgesamt waren damit rund 10.000 Menschen gegen die Neonazis auf der Straße.

Veranstalter der rechten Demo unter dem Motto „Merkel muss weg“, deren TeilnehmerInnen sich ab 15 Uhr am Hauptbahnhof versammelten, war der Neonazi Enrico Stubbe aus Marzahn, Mitglied im Bundesvorstand von Pro Deutschland. Stubbe hatte bereits im März eine Demonstration in Berlin veranstaltet, an der rund 2.000 Menschen teilgenommen hatten – auf der Gegenseite waren es damals nur rund 1.000 TeilnehmerInnen. Eine Schlappe für linke und zivilgesellschaftliche Kräfte, die sich an diesem Samstag nicht wiederholt hat – das erklärte Ziel des Bündnisses, deutlich mehr Menschen als die Neonazis auf die Straße zu bringen, wurde erreicht.

Organisierte Versuche, die Route der Neonazis zu blockieren, gab es dieses Mal allerdings nicht, nur wenige GegendemonstrantInnen schafften es auf die Strecke der Rechtsextremen. Die 1.700 Polizisten im Einsatz hatte die Route großräumig abgeriegelt, alle Brücken über die Spree im Bereich Hauptbahnhof waren dicht. Entlang der Neonazi-Route sammelten sich aber immer wieder größere Gruppen von Gegendemons­trantInnen, die lautstark ihren Protest ausdrückten. Ein Teil der Neonazis reagierte aggressiv, teilweise hatten die zur Demonstration gehörenden Ordner Mühe, ihre eigenen Leute unter Kontrolle zu halten.

Aufsehen erregte ein Vorfall um den Linken-Abgeordneten Hakan Taş

Unter den rechtsextremen DemonstrantInnen waren bekannte Berliner und Brandenburger Neonazis, Mitglieder der neurechten Identitären Bewegung sowie AfD-Bezirkspolitiker Heribert Eisenhardt aus Berlin-Lichtenberg, der immer wieder an rechtsextremen Veranstaltungen teilnimmt. Offiziell hatte sich die AfD von der Demonstration distanziert.

Aufsehen erregte ein Vorfall um den Linken-Abgeordneten Hakan Taş: Als er sich in einem Supermarkt ein Getränk kaufen wollte, seien zwei Neonazis auf ihn zugekommen, einer von ihnen habe ihm den Ellenbogen in den Bauch geboxt, berichtete der Politiker, der Anzeige erstattete.

Um 17.30 Uhr endete die Demonstration der Neonazis am S-Bahnhof Friedrichstraße. Hier gerieten Polizei und GegendemonstrantInnen kurz aneinander, insgesamt verlief der Tag jedoch ohne nennenswerte Zusammenstöße. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller bedankte sich am Abend bei „allen, die sich engagiert haben“.