LeserInnenbriefe
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Gemutmaßte Gefühlslagen

betr.: „betr.: „Die Missgunst der Abgehängten“, taz vom 28. 4. 16

Ich war Referent auf der Veranstaltung „Antisemitismus in der arabischen Welt. Fakten und Mythen“ und möchte mich in aller Form über die einseitige und teilweise falsche Berichterstattung von Jan Feddersen beschweren.

In meinem Vortrag „Antisemitismus in der arabischen Welt. Fakten und Mythen“ habe ich ein differenziertes Bild über die Genese und Entwicklung des Antisemitismus in arabischen Gesellschaften gezeichnet. Schwerpunkte meiner Ausführungen waren unter anderem die Auswirkungen der Damaskusaffäre des Jahres 1840 und die Verbreitung von Ritualmordbeschuldigungen im damaligen osmanischen Reich. Ferner habe ich dargelegt, wie sich nach 1948 der moderne, säkulare Antisemitismus, der im Kern aus Verschwörungsvorwürfen besteht, sich in der arabischen Welt verbreiten konnte und von islamistischen Ideologen – wie Sayyid Qutb – an koranische Quellen rückgebunden wurde.

Leider finden diese Ausführungen keinerlei Berücksichtigung in der Berichterstattung von Jan Feddersen. Stattdessen fokussiert der Autor in seinem Bericht ausschließlich gemutmaßte Gefühlslagen von Arabern nach dem verlorenen Krieg gegen das junge Israel im Jahr 1948.

Nach Feddersen geht und ging es um „Neid, Missgunst, Gefühle von Unzulänglichkeit, Empfindungen des Versagens“. Auf arabischer Seite habe man den Weg in die Moderne nicht geschafft und man sei „seit vielen Generationen, rückständig, bedürftig, von Almosen der Weltmächte abhängig“.

Feddersen kann die Dinge ja durchaus so sehen. Nur gesagt wurde all dies weder von mir noch von dem Kommentator Omar Kamil.

Sehr ärgerlich ist auch die Behauptung, es sei vorgeschlagen worden, dass muslimische Schülerinnen und Schüler „sich nicht auf den Holocaust als deutsches Kernnarrativ beziehen müssen, sondern ihre kolonialen Einschreibungen dagegenhalten könnten“. So wurde das zu keinem Zeitpunkt diskutiert. Vielmehr ging es darum, die koloniale Perspektive als Ergänzung in die pädagogische Arbeit einfließen zu lassen. MICHAEL KIEFER, Osnabrück

Halbwegs faktenresistent

betr.: „Der Herr dient sich der Dame an“, taz vom 2. 5. 16

Vielen Dank für das Interview mit Michael Klonovsky, dem „streitbaren Intellektuellen“ der Zeitschrift Focus. Die Kombination von „Intellektueller“ und „Focus“ hätten die ollen Griechen, deren Namen Klonovsky so schön aufsagen kann, sicher als ulkiges Oxymoron gelesen.

Zugegeben, Klonovsky scheint nicht ungebildet, und wen die Gesinnung dieses neuen AfD-Premium-Denkers interessiert, der sollte mal dessen, na ja, Manifest „Nation. Familie. Sprache“ aus dem Jahr 2010 lesen. Da wird die Unterdrückung durch die EU beklagt, die ja festlege, wie krumm Bananen zu sein hätten (hat sie nie getan). Dazu das übliche Gezeter über Gendersozialismus sowie die Bedrohung des Deutschen durch Anglizismen (aus wissenschaftlicher Sicht blanker Unsinn), die man durch Verbote und die Prämierung von „Eindeutschern“ abwenden müsse (kann Klonovsky gleich mit dem Wort „Spin Doctor“ anfangen). Weiter die Forderung nach SchuPos, „Sühne“ als oberstes Ziel des Strafrechts etc. pp. – kurz: alles, was 1950 sicher auch total angesagt gewesen wäre, mal mit mehr, mal mit weniger Bezug zur Realität.

Das ganze Gedankengebäude fußt natürlich auf der altbekannten „Leitkultur“, zu der Klonovsky außer Sprache, Rechtstreue und Christentum auch schon damals nicht viel mehr einfiel.

Sicher hat er’s anders gemeint, aber der Intellektuelle vom Focus schließt das Interview mit der Bemerkung, er habe aus der Diskussion über seine rechten Ergüsse zum Thema Griechenland im Focus gelernt, „dass anderswo der Nationalstolz noch völlig intakt und auch halbwegs faktenresistent ist“.

Faktenresistent ist der Nationalstolz hier also auch, Klonovsky muss es ja wissen. MICHAEL SCHÖFFSKI, Köln

Zölle sind Staatseinnahmen

betr.: „Schwerer Schlag für Geheimniskrämer“, taz vom 3. 5. 16

Zu den vielen propagierten Vorteilen von TTIP gehöre der Wegfall von Zöllen, heißt es. Zölle sind Staatseinnahmen.

Der Wegfall lässt sich durch die Aufnahme von Schulden, die Senkung von Ausgaben oder die Erhöhung von Einnahmen kompensieren. Deswegen ist es sinnvoll hohe Summen durch den Wegfall von Zöllen zu nennen. Dann kann man bei den Kompensationen versteckt noch etwas für die Bilanz des Staates herausholen.

Wahrscheinlich zahlt dann jemand, der sich darüber freut, beim Autokauf Geld gespart zu haben, höhere Mineralölsteuer oder eine saftige Maut für Straßen, die mangels Staatseinnahmen privat gebaut werden. EVI MEISBERGER, Völklingen

Bitte öfter

betr.: „Unzensiert“, Sonderausgabe Türkei vom 3. 5. 16

Bitte, bitte, bitte macht das öfter, so eine Ausgabe über ein bestimmtes Land! Warum nicht wöchentlich eine Ausgabe mit ein paar Seiten nur über Polen, Russland, Syrien, Libyen etc.?

Muss ja nicht unbedingt zweisprachig sein, aber den JournalistInnen aus diesen Ländern eine Stimme geben, fände ich extrem sinnvoll.

Ach ja, eine Ausgabe über Bayern (in dem ich als Ostfriese lebe) wäre auch mal gut! Hier ist ja auch so einiges im Argen!

FENNO BRUNKEN, Nürnberg