LeserInnenbriefe
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Kein ausreichender Schutz

betr.: „Sexualstrafrecht. Frauen fordern ‚echte‘ Reform“,taz vom 26. 4. 16

Auch gegen die Reformierung des Paragrafen 177 gab es 1997 erheblichen Widerstand einiger Abgeordneten der CDU/CSU, ehe Vergewaltigung in der Ehe zum Straftatbestand wurde. Wie die Sexismusdebatte gezeigt hat, sind auch Politiker nicht frei von sexistischem Verhalten, was wohl Ausdruck eines patriarchalen Systems ist. So ist auch derzeit der Widerstand gegen die Ratifizierung der sogenannten Istanbul-Konvention des Europarats enorm, denn in dessen Sinne müsste der Paragraf 177 im Strafgesetzbuch wiederum geändert werden, dass ein Nein der Frau auch Nein heißt. Das bestehende Sexualstrafrecht in Deutschland bietet keinen ausreichenden Schutz vor sexualisierter Gewalt. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Nur gegen Pfand

betr.: „Gegen Plaste ganz elastisch“, taz vom 27. 4. 16

Was in Ruanda möglich ist, muss doch bei uns hier auch gehen. Tatsache ist: Getränke ohne Kohlensäure in Plastik oder Alu – pfandfrei; Kaffeegetränke Dose oder Plastik – pfandfrei; besonders umfänglich decken sich die Einkäufer/innen in ausländischen Lebensmittelgeschäften mit den kostenlosen Plastiktüten ein; auch die Getränke aus diesen Geschäften sind pfandfrei. Daher müssen durch eine Verordnung alle in Europa zu erhaltenden und einzukaufenden Plastikdosen, Tüten und Alu-dosen mit Pfand belegt werden. Der Müll bleibt ja auch bei uns. Zuwiderhandlungen müssen geahndet werden, nur wenn’s an der Geldbörse zwickt, ist der Mensch willig.

SIBYLLA NACHBAUER, Erlangen

Widerstand gegen AKW

betr.: „Ich habe Angst um die Atomkonzerne“, taz vom 26. 4. 16

Mycle Schneiders Antwort auf die Frage, welchen Einfluss die Katastrophe von Tschernobyl auf die Umweltbewegung hatte, erweckt den falschen Eindruck, dass Österreichs einziges AKW unter dem Eindruck von Tschernobyl nicht in Betrieb genommen wurde. Der Bau des AKWs Zwentendorf wurde 1978 fertiggestellt, wobei die Proteste dagegen so groß waren, dass sich die Regierung Kreisky entschloss, vor der Inbetriebnahme des AKWs eine Volksabstimmung anzusetzen. Der populäre Kanzler Kreisky drohte mit Rücktritt, falls die Bevölkerung mehrheitlich gegen die Inbetriebnahme stimmen würde. Dennoch siegten die AKW-Gegner bei der Abstimmung im November 1978 (mehr als 7 Jahre vor Tschernobyl). Zwentendorf wurde zum weltweit einzigen AKW, das fertiggebaut, jedoch nie in Betrieb genommen wurde. Das Parlament sah sich wenige Wochen später gezwungen, das Atomsperrgesetz zu verabschieden, welches untersagte, in Zukunft AKWs zu bauen ohne vorhergehende Volksabstimmung.

Kreisky trat übrigens nicht zurück. Verschiedene Versuche, Zwentendorf doch noch in Betrieb zu nehmen, scheiterten. Im März 1985, also auch noch vor Tschernobyl, wurden die AKW-Pläne endgültig aufgegeben. Inzwischen steht die „Atomfreiheit“ Österreichs in der Verfassung.

PETER NEUWERTH, Hinterzarten