Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Tommy“ 20. 10., 22. 10., „Lisztomania“ 22. 10.– 26. 10. im Lichtblick

Es beginnt recht typisch für einen Film noir: Männer rangeln beim Schein einer einzigen Tischlampe; als sie umfällt, wird die Leinwand dunkel. Dann ist ein Mann tot – und zwei andere schleichen zur Tür hinaus. Die Entwicklung der Geschichte des Kriminalfilms „Crossfire“ (Im Kreuzfeuer), den Edward Dmytryk 1947 nach einem Roman von Richard Brooks inszenierte, ist allerdings ungewöhnlich: Der Ermordete war Jude, und der ermittelnde Kommissar (Robert Young) wird am Ende Antisemitismus als das Mordmotiv ausmachen. Ein politisch engagierter Kriminalfilm also, der sein Thema von der Bekämpfung von Vorurteilen und der Notwendigkeit von Toleranz auf eine sehr intelligente Weise zu vermitteln sucht: Die Szene, in der der Kommissar einem nicht sonderlich geistesstarken Soldaten, der sich am liebsten aus allem heraushalten möchte, argumentativ die Wichtigkeit seiner Mitarbeit verdeutlicht, gehört sicher zu den Höhepunkten des Films. Darüber hinaus zeichnet „Crossfire“ ein interessantes Porträt heimgekehrter Soldaten, die mit ihrer Verstörung, ihrer Angst und ihrem Hass allein gelassen werden: verlorene Menschen allesamt.

„Drums Along the Mohawk“ (OF) 21. 10.–22. 10. im Filmmuseum Potsdam

Mit der Geschichte Nordamerikas im 18. Jahrhundert beschäftigt man sich dieser Tage im Filmmuseum Potsdam, wobei das wichtigste Ereignis der Zeit, der Unabhängigkeitskrieg der Amerikaner gegen England, natürlich nicht fehlen darf. Der Unabhängigkeitskrieg ist auch das Thema von John Fords Frühwestern „Drums Along the Mohawk“ (Trommeln am Mohawk) aus dem Jahr 1939, der vom einem frisch verheirateten jungen Paar handelt, das mit Planwagen und Kuh hinaus ins Grenzgebiet zieht, dort jedoch keine Ruhe findet: Mit den Briten verbündete Indianer brennen ihre mühsam aufgebaute Farm nieder, und Gil (Henry Fonda) muss schließlich in den Krieg ziehen. Dabei zeigt Ford zunächst nur den Abmarsch und die Heimkehr der geschlagenen und verstörten Truppe: Gils plastische Erzählungen vom Horror des Krieges sind dabei allemal viel effektiver als eine Bebilderung von Schlachtengetümmel. Letztlich erzählt Ford eine Geschichte von jenen Dingen, die Heimat ausmachen: ein Stück Land, ein Dach über dem Kopf, die Gemeinschaft der Nachbarn. Ein melodramatischer Klassiker, humorvoll im Detail und nicht ohne (mildes) Pathos.

Von Beginn seiner Karriere als Spielfilmregisseur an sorgte der Brite Ken Russell, dem das Lichtblick-Kino jetzt eine kleine Retro widmet, für Furore: Die Filme des ehemaligen BBC-Dokumentaristen waren visuell opulent und wenig an herkömmlichen narrativen Strukturen orientiert, seine Themen oft genug ungewöhnlich und „gewagt“. Neben seinen ausschweifenden Komponisten-Biografien (Mahler, Tschaikowsky und List) gehört die Verfilmung der Rockoper „Tommy“ von The Who zu seinen bekanntesten Werken: ein bildmächtiges, ironisches und einigermaßen sinnfreies Musical um einen falschen Messias (Roger Daltrey) mit besonderen Flipper-Fähigkeiten. Besonders überzeugend (und wunderschön wie immer): Ann-Margret als Tommy Mutter. LARS PENNING

„Crossfire“ (OF) 23. 10. im Zeughauskino