Bürger begehren das Bethanien

Mit einem konkreten Fragenkomplex hat eine Initiative gestern das berlinweit erste Bürgerbegehren auf Bezirksebene eingeleitet. Damit soll der Verkauf des Bethanien in Kreuzberg verhindert werden

VON FELIX LEE

Der Mariannenplatz war zwar eher herbstlich rot als blau, und Bullen waren auch nicht da. Doch alles andere am Lied der Rockband Ton Steine Scherben von 1971 stimmt: „Das ist unser Haus, ihr kriegt uns hier nicht raus!“ Sowohl die bereits gekündigten Sozialinitiativen als auch die ehemaligen BewohnerInnen der Yorckstraße 59, die seit vier Monaten den Seitenflügel des Bethanien besetzt halten, gegen davon aus, dass sie bleiben dürfen – zumindest vorerst.

Gestern hat die „Initiative Zukunft Bethanien“ dem Rechtsamt des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg die genaue Fragestellung zu ihrem BürgerInnenbegehren übergeben. Nun sollen möglichst viele wahlberechtigte BewohnerInnen des Bezirks einem fünfteiligen Forderungskomplex zustimmen. Darin bestehen die Initiatoren darauf, das Bethanien in öffentlicher Hand zu belassen, allen derzeitigen Nutzern den Verbleib zu garantieren und das Hauptgebäude des ehemaligen Krankenhauses zu einem offenen kulturellen und sozialen Zentrum auszubauen, das sich selbst trägt.

Das erste Berliner Bürgerbegehren auf Bezirksebene ist somit eingeleitet. Erst im Sommer hatte das Abgeordnetenhaus solche Begehren durch eine Änderung der Landesverfassung ermöglicht. Das Bezirksamt hat nun einen Monat Zeit, die Zulässigkeit der Fragen zu prüfen. Zudem muss es die Kosten schätzen, die die Umsetzung der Forderungen verursachen würde. Die Initiative selbst geht davon aus, dass notwendige Sanierungen etwa 3 Millionen Euro kosten werden. Wird das Bürgerbegehren zugelassen, hat die Initiative 6 Monate Zeit, um Unterschriften zu sammeln. Mindestens 3 Prozent aller EU-Bürger über 16 Jahre mit Wohnsitz in Friedrichshain-Kreuzberg müssen das Begehren schriftlich unterstützen. Das sind laut Initiative etwa 5.000.

Beteiligt an der Initiative sind auch ehemalige BewohnerInnen des alternativen Projekts „Yorckstraße 59“, die Anfang Juni von der Polizei auf die Straße gesetzt wurden. Ein Teil von ihnen hatte daraufhin eine Woche später den leer stehenden Seitenflügel des Bethanien besetzt. Über das Bürgerbegehren will die Initiative sich auch dafür einsetzen, dass die Besetzer bleiben können. Inzwischen nennen sie sich „New Yorck“ und wollen dauerhaft im Bethanien bleiben. Ein anderer Teil steht weiter in Verhandlung mit dem städtischen Liegenschaftsfonds, um eine ehemalige Schule in Friedrichshain nach dem bundesweit bewährten Modell des „Mietshäuser-Syndikats“ zu kaufen (die taz berichtete).

Das Bethanien ist aus Sicht des Bezirksamt seit Jahren finanziell ein Klotz am Bein. Seit ihrem Amtsantritt ist Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (PDS) auf der Suche nach einem Käufer für die Immobilie. Das Bezirksamt hat jedoch bereits vor Antragstellung des BürgerInnenbegehrens angekündigt, alle Verkaufsverhandlungen zu unterbrechen, solange das Begehren läuft.