LeserInnenbriefe
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Problematischer Vergleich

betr.: „Nato-Russland-Gipfel. Das Versagen der Feuerwehr“,taz vom 21. 4. 16

Tobias Schulzes Feuerwehr-Vergleich ist in zweierlei Hinsicht problematisch. Einerseits ignoriert er die Logik von Russlands Handeln, andererseits fordert er eine Appeasement-Politik auf dem Rücken der baltischen Staaten und Polens. Entspannung kann man nur mit jemandem erreichen, der es nicht gerade darauf anlegt, Konflikte zu schüren, um wieder Weltmachtstatus zu erlangen. Ihn dafür zu belohnen, bedeutet, Anreize zu schaffen für weiteres Zündeln. Brandstifter müssen von ihrem Tun abgebracht werden. Ohne Verhandlungen ist dies kaum möglich. Zur Feuerwehr werden sie dadurch allerdings noch lange nicht. Wie aber Putin permanent demonstriert, ergeben Verhandlungen nur aus einer Position der Stärke heraus Sinn. Darüber hinaus ist es die verdammte Pflicht und Schuldigkeit der Nato, ihre bedrohten Mitgliedstaaten symbolisch – um mehr handelt es sich ja nicht – zu unterstützen.

Die Bundesregierung sollte sich jegliches Großmachtgehabe gegenüber den Balten, die ihren „Beitritt“ zur Sowjetunion dem Hitler-Stalin-Pakt zu verdanken haben und deren Beitritt zur Nato ihr demokratisches Recht war, verkneifen. Auch sollte sie die deutsche Exportwirtschaft bitte weiter um den verlorenen russischen Markt weinen lassen. Sehr gut geeignet zum Beweis von Unabhängigkeit gegenüber den USA wäre hingegen die Veröffentlichung des TTIP-Textes und dessen kritische Diskussion in der Öffentlichkeit.

Aber kleine Ostseerepubliken zu schurigeln ist nun einmal leichter, als mächtige Wirtschaftsinteressen an Russland- und USA-Handel zu verärgern. Die taz sollte sich daran allerdings nicht beteiligen. MARTIN SCHWARZBACH, Hamburg

Ohne Alternative?

betr.: „Manche vermögen nach links zu steuern“, taz v. 21. 4. 16

Vermögen sie auch Mehrheiten zu bilden? Und ist das, was hier als links eingestuft wird, links? Oder ist es nicht der Versuch, das, was wir haben, das kapitalistische Wirtschaftssystem, mit Veränderungen lebensfähig zu halten, weil wir eine Alternative nicht präsentieren können? So eine Alternative kann sich nach einem Zusammenbruch herausbilden, jetzt ist sie nicht da. Nach Piketty &Co ist die Vermögenskonzentration, die starke Spannungen aufbaut, eine (wirtschaftstheoretische) Gesetzmäßigkeit. In Deutschland wächst das private Finanzvermögen seit 1992 um jährlich 150 Milliarden Euro, zurzeit sind das 6 Prozent des Bruttosozialprodukt. Diese Reduktion an Vielfalt führt zu Stagnation. Solches zu verhindern mag grün sein, aber links?

KLAUS WARZECHA, Wiesbaden

Dicke Bretter bohren?

betr.: „Manche vermögen nach links zu steuern“, taz v. 21. 4. 16

Wenn jedes politisches Projekt in herbeifantasierten Koalitionsverhandlungen auf „Durchsetzungsfähigkeit“ abgeklopft wird, dann können die Grünen schon mal bei der FDP nachfragen, wie es sich ohne Bundestagsfraktion anfühlt. Anscheinend sind einige Grüne wohl nicht mehr gewillt, dicke Bretter (auch für Unpopuläres zu streiten, weil man von der Sache überzeugt ist) zu bohren. MIRCO SZYMYSLIK, Herne

Toni Hood-Reiter

betr.: „Es gibt noch linke Grüne“, taz vom 21. 4. 16

Das Titelbild mit „Robin-Toni-Hood-Reiter“ ward ein gar köstlich’ Spaß. Das Volk hoffet auf eine Fortsetzung: Lady Marian Göring-Eckardt live und in Farbe beim Knicks am Bundeshofe oder Knicks in der Heckenlandschaft Schleswig-Holsteins oder Hab-eck mich verlesen? Und was wird aus dir, Bruder Tuck-Cem Özdemir? Die herbstliche Urwahl im grünen Sherwood-Forest wird ein gar fröhlich’ Bogenwettbewerb. Nur, worauf zielen eigentlich die sechs Pfeile in Toni Hoods Bogen? Und wo bleibt Little-John von der Basis? ARNO SCHELLE, Fredelsloh

Überheblich und selbstgerecht

betr.: „Ich bin sittlich und moralisch gefestigt“, taz vom 21. 4. 16

Das Interview mit Kubicki hilft wirksam gegen jeglichen Anflug von Sentimentalität gegenüber der FDP! Ich kann es kaum glauben, wie jemand seine Überheblichkeit und Selbstgerechtigkeit so offen zur Schau stellen kann. Spätestens bei der Südafrika-Anekdote wird mir übel: Angefangen mit Chefgehabe gegenüber der eigenen Frau („Lass das sein!“), hält Kubicki ärmere Menschen offensichtlich für dumm („weil die nicht verstehen, dass sie jetzt nicht in gleicher Weise bedacht werden“). Und klar: Die Möglichkeit, die frisch entdeckte Gerechtigkeitslücke mit einer Spende an alle 30 Bettelnden zu lösen – im Kubicki-Universum einfach nicht vorstellbar. Jedenfalls ein Kompliment an die AutorInnen, die das Interview so trocken durchgezogen haben! Es wäre einfach nur spaßige Lektüre, wenn nicht Kubicki Vizechef einer Partei wäre, die gerade wieder an Einfluss gewinnt.

HEIDE BERGSCHMDIT, Duisburg