Durchbruch bei Doha-Runde rückt in immer weitere Ferne

WELTHANDEL Bei der 7. WTO-Tagung hängt der Generaldirektor die Messlatte bewusst niedrig

GENF taz | Pascal Lamy, Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), ist aus Erfahrung vorsichtiger geworden. Nach dem durch Proteste zehntausender GlobalisierungsgegnerInnen erzwungenen Abbruch der WTO-Ministerkonferenz 1999 in Seattle sind auch die folgenden vier Konferenzen der 2001 ausgerufenen „Doha-Verhandlungsrunde“ sämtlich an dem erklärten Ziel gescheitert, weitere Vereinbarungen zur „Liberalisierung“ des Welthandels mit Industrie- und Agrarprodukten sowie im Dienstleistungsbereich zu erzielen. Für die 7. Ministerkonferenz, die am Montag in der Genfer WTO-Zentrale beginnt, hat Lamy die Messlatte daher bewusst niedrig gehängt.

Obwohl er an dem Ziel festhält, die Doha-Runde bis spätestens Ende 2010 mit einem Abkommen zu besiegeln, stehen die Streitthemen der letzten zehn Jahre nicht auf der Tagesordnung. „Das Ministertreffen ist keine Doha-Verhandlungsrunde, sondern soll dazu dienen, sich über die Zukunft der WTO und der künftigen Herausforderungen im Welthandel auszutauschen“, formulierte Lamy in seinem Einladungsschreiben an die Regierungen der 153 WTO-Mitgliedsstaaten.

Dennoch haben Attac, Oxfam und viele andere globalisierungskritische Organisationen zu Demonstrationen gegen die bis Mittwoch anberaumte Ministerkonferenz aufgerufen. Bereits am Samstag protestierten über 3.000 Menschen in der Genfer Innenstadt gegen die WTO. Es kam zu Ausschreitungen. Die GlobalisierungskritikerInnen befürchten, dass die Industriestaaten die Konferenz auch unterhalb der Ebene offizieller Verhandlungen dazu nutzen wollen, die Länder des Südens zur weiteren Öffnung, Privatisierung und Deregulierung ihrer Agrarmärkte und Dienstleistungssektoren (Bildung, Wasser, Gesundheit) zu drängen. Die diesbezüglichen Forderungen und Verhandlungspositionen von USA, EU, Japan und Kanada sind jedenfalls bislang unverändert – trotz der nun seit über einem Jahr währenden globalen Wirtschaftskrise.

Attac wirft der Bundesregierung und den anderen EU-Regierungen deshalb „Doppelzüngigkeit“ vor: Öffentlich werde eine verstärkte Regulierung der Finanzmärkte gefordert. Zugleich dränge die EU in der WTO jedoch auf eine weitere Liberalisierung des Welthandels und „damit auch auf die weitere Deregulierung der Finanzmärkte“, kritisierte Attac-Sprecher Roland Süß. Zugleich seien die Industriestaaten nicht bereit, ihre Märkte für Produkte aus dem Süden zu öffnen und endlich auf die Exportsubventionen für die eigenen Bauern zu verzichten.

In einer am Sonntag veröffentlichten Studie belegt Oxfam die katastrophalen Auswirkungen der EU-Exportsubventionen für Milchpulver auf die Bauern in Bangladesch. Das subventionierte Pulver aus der EU ist derzeit billiger als die in Bangladesch produzierte Frischmilch. Das durch die EU verursachte Preisdumping bedrohe die Existenz von rund 7 Millionen Menschen in Bangladesch. ANDREAS ZUMACH