Ein Herz für die Ministerin

PERSONALIE Die baden-württembergische Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer kämpft um ihren Posten. Um im Jahr 2013 nicht abgesetzt zu werden, verspricht die SPD-Frau, sich zu bessern

„Ich habe auch Fehler gemacht, das muss ich einräumen“

GABRIELE WARMINSKI-LEITHEUSSER

STUTTGART taz | Ein großes Herz ist an die Tafel gemalt. Schüler und Lehrer haben alles akribisch vorbereitet: Sie erwarten den Besuch der Kultusministerin aus Stuttgart. Es ist ein Tag, an dem die Ministerin in ihrem Element ist. Als Gabriele Warminski-Leitheußer ankommt, fackelt sie nicht lange, schnappt sich die Kreide und schreibt „Vielen Dank! Gabriele W-L“ an die Tafel. Das ist ihre Stärke. Sie kann vor Ort auf Leute zugehen, sie für sich einnehmen.

Doch so willkommen wie an der Gemeinschaftsschule in Rosenberg ist die SPD-Ministerin im Stuttgarter Politikbetrieb am Ende des Jahres nicht mehr. Dort steht sie mächtig unter Druck. Erst Mitte Dezember hatten die beiden Oppositionsparteien CDU und FDP im Landtag einen Dringlichkeitsantrag auf Entlassung gestellt: Sie wollten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zwingen, seine Ministerin aus dem Kabinett zu kicken – angeblich wegen völliger Unfähigkeit. Zwar überstand Warminski-Leitheußer diese Attacke, doch auch in den eigenen Reihen gibt es Kritik. 2013 gibt es für sie keine Bestandsgarantie.

Viele aus den Regierungsreihen monieren hinter vorgehaltener Hand, Bildungsverbände und die Opposition öffentlich, dass die Ministerin unstrukturiert arbeite. Warminski-Leitheußer habe viele Reformen seit dem Regierungswechsel vor gut anderthalb Jahren angestoßen –zu viele. Darunter: Einführung der Gemeinschaftsschule, Ausbau der Ganztagsschulen, Abschaffung der Grundschulempfehlung, Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums. Die Liste ist lang, aber nichts wirklich zu Ende geführt. Zwar stellte sich SPD-Landesvize und Ver.di-Vorsitzende Leni Breymaier Weihnachten hinter die Ministerin und sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Warminski-Leitheußer dreht die Sachen von oben nach unten um. Man darf nicht alles auf einmal erwarten.“ Doch zuvor hatte auch SPD-Vizeministerpräsident Nils Schmid via Stuttgarter Zeitung bemängelt, es hätten sich in der Bildungspolitik „handwerkliche Fehler eingeschlichen“.

Noch mehr aber hängt der Ministerin der Ruf der Unzuverlässigkeit an. Zur traditionellen Pressekonferenz zu Beginn des Schuljahres schickte sie ihre Amtschefin, statt selbst zu kommen. Kürzlich ließ sie 600 LehrerInnen sitzen, weil sie kurzfristig einen anderen Termin wahrnehmen wollte. Und am Tag nachdem ihr Staatssekretär Frank Mentrup die Oberbürgermeisterwahl in Karlsruhe gewonnen hatte, kam sie zu einer für einer entscheidenden Pressekonferenz zu spät. Denn grün-rote Politiker hatten im Vorfeld der Wahl spekuliert, SPD-Landeschef Schmid werde den Spitzenposten im Ministerium auch neu besetzen, wenn Mentrup gehe.

„Wir besetzen nach, was nachzubesetzen ist“, sagt Schmid derzeit. Solange die SPD keine Nachfolge findet, kann sie Warminski-Leitheußer nicht absetzen. Inzwischen stehen aber Namen im Raum, etwa Andreas Stoch. Er ist der parlamentarische Geschäftsführer der SPD.

Die Ministerin tut die Attacken als normal ab. „Kaum hat man ein politisches Amt angetreten, fangen die Ersten an, am Stuhl zu sägen“, sagte sie kürzlich Journalisten. Zugleich entließ sie jedoch ihren Pressesprecher und sagte in einem dpa-Interview selbstkritisch: „Ich habe natürlich auch Fehler gemacht, das muss ich einräumen, und wir werden daran arbeiten, sie künftig zu vermeiden.“

Wie gering der Rückhalt ist, zeigte jedoch die Debatte um den Entlassungsantrag. Zwar stimmten Grüne und SPD geschlossen dagegen. Doch in ihren Reden verteidigten sie vor allem eines: die Bildungspolitik, nicht aber die Ministerin. CDU-Fraktionschef Peter Hauk stellte fest: „In dieser Debatte ist eines interessant, nämlich das, was nicht gesagt wird.“ NADINE MICHEL