Die AfD rückt weiter nach rechts

Brüssel Im EU-Parlament sitzen nur noch zwei Abgeordnete der Partei, deren bisherige Fraktion sie nicht mehr im Boot haben wollte. Nun wird in der AfD für ein Zusammengehen mit dem Front National geworben

Beatrix von Storch, Marcus Pretzell und Alexander Gauland bei Protesten gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung im Herbst F: Christian Ditsch

von Sabine am Orde

Die Wahlen zum Europaparlament im Mai 2014 waren der erste große Erfolg der AfD. Sieben Prozent holte die Partei aus dem Stand und zog mit sieben Abgeordneten in das Brüsseler Parlament. Viel übrig ist davon nicht: Nach der Abspaltung des Lucke-Flügels im vergangenen Sommer gibt es nur noch zwei AfD-Abgeordnete – in einer gemeinsamen Fraktion sitzen sie nun nicht mehr.

Die konservative und EU-kritische EKR hat am Dienstagabend Marcus Pretzell, NRW-Landeschef und Lebensgefährte von Parteichefin Frauke Petry, aus der Fraktion ausgeschlossen. Bis zum Parteitag Ende des Monats bleibe er fraktionslos, sagte Pretzell der taz. „Ich werde die Entscheidung, wie es weitergeht, dem Parteitag überlassen.“ Dieser kommt in Stuttgart zusammen, um über ein Grundsatzprogramm zu entscheiden.

Beatrix von Storch, die zweite Abgeordnete, war bereits am Freitag ihrem drohenden Rausschmiss aus der EKR zuvorgekommen und quasi eine Fraktion weiter nach rechts gerückt: zur EFDD, zu der vor allem die britische Ukip um ihren Chef ­Nigel Farage, aber auch die italienische 5-Sterne-Bewegung gehört. Die Ukip habe für ein Referendum über den Verbleib in der EU gekämpft, „das ist genau unsere Position“, sagte von Storch der taz.

Die Äußerungen von Pretzell, Petry und von Storch darüber, als letztes Mittel der Grenzsicherung auch auf Geflüchtete schließen zu lassen, und zunehmende Kontakte der AfD zur österreichischen FPÖ waren letztlich der Anlass, warum die EKR von Storch und Pretzell aufgefordert hatte, die Fraktion zu verlassen.

Pretzell, der bereits früher mit Ukip liebäugelte, forderte die AfD-Mitglieder nun auf, auf dem Parteitag Ende des Monats über die künftige Fraktions­mitgliedschaft im EU-Parlament abzustimmen. Neben der EFDD-Fraktion kommt die nationalistische und rechtsextreme ENF-Fraktion in Betracht, zu der der französische Front National (FN) und die FPÖ gehören – von der EKR wären das gleich zwei Schritte weiter nach rechts.

Björn Höcke, AfD-Rechter aus Thüringen, hat auf dem Landesparteitag am Wochenende bereits dafür geworben, die Gemeinsamkeiten der AfD mit dem Front National zu betonen. Die Patriotische Plattform, der rechte Rand der AfD, wirbt mit Blick auf den Parteitag offensiv für ein Zusammengehen mit Front National und FPÖ.

Sie kann sich dabei auf eine Annäherung berufen, die die Parteispitze in den vergangenen Wochen zur FPÖ vollzogen hat: Petry und Pretzell hatten im Februar in Düsseldorf mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gemeinsame Visionen für Europa diskutiert, vor gut einer Woche hatte AfD-Vizechef Alexander Gauland FPÖ-Geschäftsführer Harald Vilimsky nach Nauen geladen.

Beatrix von Storch ist jetzt in einer Fraktion mit der rechtspopulistischen Ukip

Am Wochenende hatte Gauland in der FAZ bereits über den Beitritt der AfD zu einer neuen Europafraktion unter Beteiligung des rechtsextremen Front National nachgedacht. Sollte sich in naher Zukunft eine neue Europafraktion aus EU-kritischen Parteien gründen, befürworte er den Beitritt der AfD-Abgeordneten, sagte Gauland.

Im Dezember war Höcke von Petry und ihrem Kochef Jörg Meuthen, dem wirtschaftsliberalen Aushängeschild der Partei, noch scharf dafür kritisiert worden, dass er dem Front National zu dessen Wahlsieg bei den französischen Regionalwahlen gratuliert hatte. Er sehe den Front National weiterhin „sehr kritisch“, sagte der AfD-Chef jetzt auf Anfrage der taz. „Der FN ist nationalistisch und in der Wirtschaftspolitik sozialistisch ausgerichtet, wir sind patriotisch und freiheitlich. Das passt nicht zusammen.“

Meuthen sagt aber auch: „Jeder Abgeordnete kann selbstbestimmt den Wechsel von einer Fraktion zu einer anderen vollziehen.“ Hört sich nicht so an, als würde er sich einem weiteren Rechtsruck der AfD ­vehement entgegenstellen.