schurians runde welten
: Das Spiel nachlesen können

„Auch wenn es Rückschläge gibt, dürfen wir nicht anfangen zu humpeln.“ (Volker Finke)

Als der Cyberspace noch eine digitale Nebenwelt in Datenhandschuhen, Bildschirmbrillen und Vibrationssensoren vorgaukelte, träumten Computerbenutzer davon, bald schon in perfekten Simulationen zu Abenteurern, Sexbestien und Spitzensportlern zu werden. Ihr Traum blieb bis heute unerfüllt. Stattdessen lehrt die Rechnerwelt, das weltweite Computernetz, dass etwas, was technisch neu ist, nicht unbedingt moderner sein muss. Anders gesagt: Das Internet hat dem Nachrichtenticker zur Renaissance verholfen.

Besonders zum Fußball klappern die Tasten vornehmlich junger Chronisten. Während das Spiel hin und her wogt, sitzen die emsigen Beobachter auf den Pressetribünen vor Laptops und schicken an zugeschaltete Leser alle paar Minuten eine Kurznachricht. In ihren dürren Informationen entsteht oft ein Fußballgenuss am Schreibtisch, der oft lustiger und poetischer ist als Radio und Fernsehen, weil die parteiischen Stenotypisten, die Spielstände, Konterchancen, Gegentore mit Adjektiven einleiten wie „unglaublich“, „irre“, „dumm“, „super“. Dass man sich trotzdem ganz gut informiert fühlt und auf dem neuesten Stand der Dinge, zeigt wieder einmal, dass auch subjektive Berichterstattung eine Berichterstattung ist, obwohl alle Welt meint, es gehöre sich nicht, seine Haltung heraus zu posaunen.

Eine besondere Liebe bringe ich dem Live-Ticker im Videotext entgegen, wie ihn der WDR anbietet, denn hier werden die schnelllebigen Fußballbotschaften bis zum nächsten Tag aufbewahrt auf so genannten Klappseiten. Da umfangreichere Videotexte auf mehreren Seiten untergebracht werden müssen, wird hier alle paar Sekunden umgeblättert in einer endlosen Schleife. Und weil die Fußballmitschriften nicht selten 17 Seiten umfassen, schaltet man sich also in der 73. Minute ein bei der enorm wichtigen Nachricht „Es regnet jetzt in Strömen in Istanbul“. Dann liest man sich durch bis zum Abpfiff und Spielresultat, weiß also, wie das Spiel ausgegangen ist, um wiederum vom Anpfiff zu lesen, dem Spielgeschehen in der ersten Hälfte, der 19. Minute „Die Schalker stehen sicher“. Der 39.: „Sand kommt im Strafraum der Türken an den Ball“. 52. „Erste Chance für Fenerbahce“. 59. „Was fehlt, ist der letzte Pass“. Schön sinnlos.

21.10. Bochum – Freiburg

Weil also neu nicht unbedingt modern ist, ist Absteigen nicht unbedingt doof: Denn nur in Liga Zwei gibt es sie, die schönen Flutlichtspiele am Freitagabend. Heute gleich mit zwei Absteigern.