„Eine Leistung hat nun mal ihren Preis“

Parkgebühren Manchmal hilft kein Argument, nur der Erfolg: Verkehrsplaner Wolfgang Aichinger über die Vorzüge der Parkraumbewirtschaftung

Wolfgang Aichinger

Foto: privat

33, studierte Verkehrsplanung in Wien. Nach seiner Referententätigkeiten beim Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) und dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist er inzwischen als freiberuflicher Berater für nachhaltige Mobilität in Berlin tätig.

taz: Herr Aichinger, welche Vorteile hat die Parkraumbewirtschaftung für eine Stadt?

Wolfgang Aichinger:Eine ganze Reihe. In der Innenstadt ist sie ein einfaches Mittel, um Pendlerverkehr aus Außenbezirken oder dem Umland zu steuern. Pendler steigen eher auf S- und U-Bahn um, wenn die Parkplätze im Umfeld von Arbeitsplätzen oder Einkaufsmöglichkeiten bepreist werden. Das senkt den Verkehr in der ganzen Stadt, den Lärm, die Emissionen, den Stress. Der Parksuchverkehr geht drastisch zurück. In Wien hat eine Studie ergeben, dass die Dauer der Parkplatzsuche von durchschnittlich neun auf drei Minuten gesunken ist. Und für die Anwohner, die ja die Möglichkeit haben, eine Vignette zu erwerben, wird es auch einfacher, einen Parkplatz zu finden.

Nachteile gibt es also nur für Autofahrer, denen nichts anderes einfällt, als mit dem Auto in die Stadt zu fahren und lange dort zu parken?

Man muss halt akzeptieren, dass für eine Leistung ein Preis zu zahlen ist. Das ist im Denken oft gar nicht verankert.

Möglicherweise wird es gar nicht als Leistung begriffen, sondern als eine Art natürliches Recht?

Als ein Anspruch, ja. Wenn man im Auto sitzt, ist das auch leicht nachvollziehbar: Man hat Stress, das Ding loszuwerden. Man will ja nicht im Auto sitzen, man will irgendwo ankommen. Die Frage ist aber, muss ich überhaupt mit dem Auto losfahren? Gibt es Alternativen? Durch Parkraumbewirtschaftung stellen sich viele Leute erst diese Fragen.

Ist das Thema in Deutschland insgesamt im Kommen?

Leider überhaupt nicht. Es wird hier völlig defensiv besprochen, man macht sich abhängig von den üblichen Verdächtigen, die dann aufschreien. Oft wirkt es, als sei kostenpflichtiges Parken ein repressives Instrument, um Autofahrer zu bestrafen oder abzuzocken. Aber in anderen Ländern ist Parkraumbewirtschaftung ein probates Mittel und wird sehr vielfältig genutzt. In Zürich etwa hat man sich in den 90ern darauf verständigt: Wenn ein neues Parkhaus oder eine Tiefgarage entsteht, nimmt man den gleichen Parkraum auf der Straße weg. Das Angebot bleibt insgesamt gleich, aber der öffentliche Raum wird entlastet.

Viele Verkehrspolitiker würden jetzt sagen: Berlin wächst aber, jedes Jahr kommen Tausende neue Autos hinzu. Die müssen irgendwohin.

Eigentlich muss das Ziel sein, Wachstum ohne mehr Autos hinzukriegen. Der Raum ist ohnehin schon knapp. Städte mit Autos vollzustopfen – das haben viele asiatische Länder durch­exerziert, die versuchen nun panisch, das zurückzudrehen. Autofahren wird dann extrem ineffizient, man steht ständig im Stau, und der öffentliche Raum leidet, die Fußgänger werden an den Rand gedrängt. Wenn Leute in die Stadt ziehen, tun sie das ja auch, weil sie die urbane Lebensqualität suchen.

Wie kann eine Kommune Verständnis für Parkraumbewirtschaftung schaffen?

Man muss wohl aushalten, dass der Widerstand erst nachlässt, wenn die Maßnahme funktioniert. Mit guten Argumenten kommt man nur begrenzt weiter, ist mein Eindruck. In Wien gab es Bürgerbegehren gegen die Pläne der Stadtregierung, Parkraumbewirtschaftung einzuführen. Nachdem es aber in einigen Bezirken gelungen ist, sind die Nachbarbezirke nachgezogen. Es hat praktisch eine Kettenreaktion ausgelöst, schon weil der Suchverkehr sich dahin verlagerte, wo das Parken noch gratis war. Interessant ist das Beispiel Gent: Dort investiert die Stadtverwaltung die eingenommenen Parkgebühren direkt in Alternativen zum Auto, also Radwege oder ÖPNV. Das erleichtert die Kommunikation.

Dann macht es doch nur Sinn, wenn man die Maßnahme gleich großflächig anlegt.

Genau. Und sie muss nachvollziehbar sein. Je simpler, desto besser, ein Flickenteppich sorgt nur für Unmut. In Zukunft werden sicher digitale Modelle eine größere Rolle spielen, bei denen man mit dem Handy zahlt. Da lässt sich eine Preisdynamik einbauen, etwa nach Tageszeit. Derzeit sind die Bezirke ja eher vorsichtig. In Amsterdam etwa kostet die Stunde gerne mal fünf Euro, in Berlin kommt man maximal auf drei Euro.

Wissen Sie, warum der für 2013 angekündigte „Masterplan Parken“ einfach nicht fertig wird?

In Berlin hat man diese schwierige Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Senat und Bezirken. Das Problem wird darin liegen, dass die Bezirke um die Akzeptanz in der Bevölkerung besorgt sind. Ich weiß, dass die Verkehrsplaner in der Senatsverwaltung froh wären, wenn der Masterplan endlich käme und die Parkraumbewirtschaftung ausgebaut werden könnte.


Interview Claudius Prößer