DIETER TRAUTZ
: Zukunft von gestern (II)
Sag Ja zu Soja!

INTERVIEW-RÜCKBLICK Bereits Ende 2011 interviewte die taz.nord Menschen zu ihren Plänen für das kommende, nunmehr fast vergangene Jahr. An dieser Stelle verraten wir, was daraus geworden ist – und was nicht geklappt hat

Die Tiermehldiskussion läuft weiter – also die Frage, ob die EU das im Zuge der BSE-Krise verhängte totale Fütterungsverbot nicht lockern sollte, wenigstens bei Schweinen und Geflügel. Auch an den Grenzwerten für gentechnische veränderte Organismen wird gedeutelt.

Europas Eiweißlücke bleibt ein Problem. Auf 70 Prozent des Bedarfs hatte Dieter Trautz von der Hochschule Osnabrück sie im taz-Interview beziffert. Und dass das Sojaprojekt, bei dem seine Forschungsgruppe pflanzenbauliche Aspekte untersucht, sie nicht allein stopfen kann, war ihm da auch schon klar.

Aber erfolgreich war für sie das Jahr trotzdem, sogar sehr: Anfang August fuhr mit Jan Wittenberg aus Mahlerten bei Hildesheim der erste niedersächsische Biobauer seine erste reguläre Soja-Ernte ein – unter reger Anteilnahme der Medien, der Landwirtschaftskammer und des Agrarministers Gert Lindemann (CDU): Immerhin auf 15 Hektar hat er die Bohne angebaut. Und weil er nicht nur das Eiweiß als Tierfutter, sondern auch das kaltgepresste Öl als Lebensmittel vermarkten kann, dürfte sich die Sache lohnen, wenigstens im Biobereich.

Der entscheidende Impuls ist aber wohl ohnehin das Signal an die Politik: Seht her, Eiweißpflanzen lassen sich auch hier anbauen. Vielleicht bricht sich dann die Erkenntnis Bahn, dass es nicht nur schlau war, den traditionellen Leguminosenanbau aus der Förderung rauszunehmen – und mal ein paar Jahrzehnte nur auf Mais zu setzen, für Gasanlagen und so. Interessant sei, „wie die Eiweißstrategie aussehen wird, die Teil der neuen europäischen Agrarpolitik sein soll“, so Trautz 2011: „Wenn es finanzielle Unterstützung für den Anbau von Leguminosen gibt, müssten die für Erbsen, Bohnen, Lupinen und Luzerne auch gelten.“

Dann würde das wohl auch für die Bauern interessanter. Und vielleicht ließe sich doch noch verhindern, dass die Hühner wieder zermahlene Kadaver picken müssen, wer weiß? Um solche Fragen ist in Brüssel das ganze Jahr über gerungen worden. Die Entscheidung ist, anders als geplant, nicht gefallen – sondern auf 2013 verschoben.  BES

STEPHAN WEIL
Weil es nun mal so ist, wie es ist

„Sie werden von mir hören“, hatte Stephan Weil im taz-Interview angekündigt. Das stimmt natürlich. Und es hat auch Spuren hinterlassen. Zum Beispiel haben ein paar taz-Redakteure mittlerweile gelernt, dass der Spitzenkandidat und Landesvorsitzende der SPD seinen Vornamen mit ph schreibt.

Abgesehen davon, dass er vor zehn Tagen 54 geworden ist, ist das aber auch schon das Spektakulärste, was sich über den Mann sagen lässt, den die SPD Niedersachsen am 20. Januar wie geplant zu ihrem Landesvorsitzenden und am 7. Juli wie vorgesehen zu ihrem Spitzenkandidaten gewählt, wenn nicht gar akklamiert hat. Und seither? Selbst in der SPD ist Weil so unauffällig geblieben, dass Peer Steinbrück beim Parteitag in Hannover völlig achtlos an ihm vorbeiging. Seine täglichen Wahlwerbevideos bräuchten noch mal ’ne eigene Werbekampagne, um geklickt zu werden. Und der Partei ist für die Plakate auch nur die Idee gekommen, die alte und zu Recht verfemte Tradition des Namenswitzes zu exhumieren.

„Weil McAllister wegmuss“, oder „Das Interesse und die Begeisterung für eine Politik der Rituale haben in den vergangenen Jahren nicht unbedingt zugenommen, eher im Gegenteil“, hatte Weil der taz im Dezember 2011 verraten. Die Partei hat ihre gesamte Landtagswahlkampagne auf dem Umkehrschluss aufgebaut, dass die Niedersachsen deshalb Bock hätten auf eine Inszenierung der Blässe und Unsicherheit, garniert ab und an mit Tolpatschigkeit. Oder wie sollen Braunschweiger und Osnabrücker Weils Ansage verstehen, dass ihn „Zweite Liga nicht interessiert“?  BES