LeserInnenbriefe
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Ein Sehnsuchtsmoment

betr.: „Nur ein einziges Mal geliebt“, taz vom 2./3. 4. 16

Wie nur wenige deutsche Nachkriegspolitiker hat Hans-Dietrich Genscher bewegende Geschichte miterlebt und maßgeblich mitgeschrieben. Deutschland und Europa haben diesem höchst erfolgreichen Außenminister und großartigen Staatsmann mit­hin viel zu verdanken. Die Balkonszene, seine Balkonszene, wird für immer ein glücklicher Gänsehautmoment deutscher Geschichte und darüber hinaus ein Sehnsuchtsmoment für alle friedliebenden Europäer sein.
Matthias Bartsch, Lichtenau-Herbram
Das geht auch mit der Bahn

betr.: „Salz in unserem Tee“, taz vom 1. 4. 16

Lieber Herr Pötter, Sie schreiben: „Man muss schon ganz schön bescheuert sein, sich selbst das Wasser abzugraben, dachte ich, als wir zurückflogen […]. Etwa so blöd, als würden wir unsere Lebensmittel mit Gift besprühen. […] Oder – was für eine Vorstellung – unsere eigene Atemluft mit Abgasen vergiften.“

Ihr Artikel lässt mich einigermaßen ratlos zurück. Ist das Selbstironie? Wieso fliegen Sie denn in den Urlaub? Das geht auch mit der Bahn. Wir waren gerade in Rom. Die Bahnfahrt im Nachtzug war für die Kinder ein großartiges Abenteuer. Stefan Müller

Ankauf von Kunst ist Kunst an sich

betr.: „Siegerkunst: Symptom einer Renormalisierung“, taz vom 22. 3. 16

Damien Hirst, der reichste lebende Künstler, dessen Reichtum auf 1 Milliarde US-Dollar geschätzt wird, ist mit Sicherheit kein Auftragskünstler: Er hat einen Totenschädel aus Platin und Diamanten für 100 Millionen Dollar gemacht, den er sich selbst kaufte. Über Damien Hirst hat die Tochter von Henry Moore übrigens gemeint, dass er die Kunst um 100 Jahre zurückgesetzt hat.

Jeff Koons ist nicht von alleine geworden, was er heute ist. Der Londoner Gallerist Charles Saatchi ist stolz darauf, Jeff Koons und Cindy Sherman entdeckt zu haben. Die amerikanische Kunsthändlerin Ileana Sonnabend wiederum half Koons, Sichtbarkeit im internationalen Maßstab zu erreichen. Jeffrey Deitch hat sich 1988 in SoHo als Händler und Promoter zeitgenössischer Kunst selbstständig gemacht und im Verein mit Händlern wie Anthony d’Offay in London und Max Hetzler in Berlin die Karriere von Jeff Koons entscheidend gefördert, wie Christian Herchenröder in seinem Buch „Kunstmärkte im Wandel“ geschrieben hat.

Die Kunst als Geldanlage ist nichts Neues: Investmentbanken wie die Chase Manhattan Bank oder die Citibank beraten ihre Kunden schon lange. Die Citibank hatte sogar einen Werbeslogan: „The acquisition of art is itself an art“ (Ankauf von Kunst ist Kunst an sich). Die Firma artprice veröffentlicht sogar jährlich Tabellen der teuersten Künstler wie Schlagertabellen. Der New Yorker Gallerist Larry Gagosian verkauft allein Kunst im Wert von rund 1 Milliarde Dollar pro Jahr! Der Nachlass der 2007 verstorbenen amerikanischen Kunsthändlerin Ileana Sonnabend war 1 Milliarde Dollar. Angesichts dessen ist es klar, dass kein Künstler alleine Siegerkünstler werden kann!

Christian Herchenröder schrieb: „Die siebziger Jahre waren das Jahrzehnt, in dem die Union Kunst und Markt noch ungetrübt war. Die in Museen, Ausstellungen, Messen und Auktionen propagierte Kunst wurde zum Religionsersatz, der Preis zum Nimbus. Die achtziger Jahre wurden zum Jahrzehnt der Spekulation, in dem nur noch der Marktwert zählte, die Kunst sich in ihrem Preis erst zu vollenden schien. Die neunziger Jahre sind die Periode, in der die Kunst ihren Geist aufgibt. Sie wird in ihrer nur noch dem Konsum huldigenden Marktpräsenz zu einem Objekt der Luxusgüterindustrie , zu einem jederzeit austauschbaren und verwertbaren Artikel.“ IGOR FODOR, München

Gegen 1.000 Kühe in Hahnennest

betr.: „Alternative zur Vermaisung“, taz vom 21. 3. 16

Sind die Alternativen zur 2 Meter hohen Vermaisung jetzt die 3 Meter hohen Silphie-Äcker in der Landschaft? Die Energiepflanze Silphie produziert nur zusammen mit Gülle genügend Biogas, oder besser Agrargas. Denn mit Bio im Sinne der ökologischen Landwirtschaft hat Biogas nichts zu tun, im Gegenteil. Um genügend Gülle und den Güllebonus für die Biogasanlage zu bekommen, planen die Betreiber der Biogasanlage seit einem Jahr einen Stall für 1.000 Kühe in Ostrach-Hahennest. Dazu kommen pro Jahr 1.000 Kälber, da eine Milchkuh jedes Jahr ein Kalb gebären muss, damit sie Milch gibt.

Nach Bekanntwerden der Planung dieser Massentierhaltung hat sich die „BI gegen den gewerblichen 1.000-Kühe-Stall in Hahnennest“ gegründet und wird unterstützt von BUND Pfullendorf und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Bis September 2015 sind 1.179 Einwendungen aus der ganzen Region Bodensee-Oberschwaben im Rathaus Ostrach eingegangen. Und die nächste Runde der öffentlichen Auslegung der Pläne läuft jetzt noch bis 18. April

Massentierhaltung ist nicht nachhaltig und widerspricht den Klimazielen. Neben massenhaftem Tierleid und Tiertransporten wird das Grundwasser im Wasserschutzgebiet durch die Gärreste mit den riesigen Nitratmengen belastet. Aber auch die Böden, Luft und Lebensqualität der ganzen Region sind gefährdet.

Annamaria Waibel, BUND Pfullendorf