Russische Grenzer ziehen ab

Tadschikistan wird seine lange Grenze zu Afghanistan künftig allein kontrollieren. Ein Großteil des Opiumschmuggels geht von hieraus nach Zentralasien und Russland

BISCHKEK taz ■ Russland hat gestern offiziell die Wacht am Pamir an die tadschikischen Grenztruppen abgeben. Am Tag zuvor verabschiedete der tadschikische Präsident Emomali Rachmonow die russischen Grenztruppen aus dem zentralasiatischen Staat – nicht ohne Russland ewige Treue zu schwören. „Russland bleibt der strategische Partner Tadschikistan“, erklärte Rachmonow auf der Abschiedszeremonie in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe und verteilte großzügig Orden an das scheiden Offizierkorps der russischen Grenztruppen.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion und der Unabhängigkeit Tadschikistans 1991 kontrollierten die russischen Grenzer weiterhin die 1.300 Kilometer lange tadschikisch-afghanische Grenze, die sich entlang des Flusses Pjansch vom den Anhöhen des Pamirs bis in die zentralasiatische Ebene erstreckt. Zwischen 1992 und 1997 wütete in dem zentralasiatischen Staat ein Bürgerkrieg zwischen der von Moskau gestützten tadschikischen Regierung und der von der islamischen Bewegung Tadschikistans dominierten Opposition. Sieben Jahre nach dem Friedensschluss forderte die erstarkte tadschikische Regierung 2004 den Abzug der russischen Grenzer.

Das Ansinnen führte zu anfänglichen Irritationen zwischen Duschanbe und Moskau. Seit dem 11. September 2001 etablierten USA ihren Machteinfluss in Zentralasien, und der tadschikische Präsident versuchte sich durch eine Annäherung an Washington aus der russischen Bevormundung zu lösen. Erst eine Reise des russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Duschanbe im Oktober 2004 brachte die tadschikische Regierung wieder auf Kurs. Die Übergabe der Grenzkontrolle wurde zwar beschlossen, aber Russland durfte in Tadschikistan eine Militärbasis einrichten. Ein Team von ungefähr 200 russischen Militärberatern wird weiterhin eng mit den tadschikischen Grenzern zusammenarbeiten. Russische Strom- und Aluminiumkonzerne versprachen im Gegenzug Investitionen in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar. Zudem erließ Moskau der tadschikischen Regierung Schulden in dreistelliger Millionen-Dollar-Höhe. Russland wird nun in Grenzanlangen an der russisch-kasachischen Grenze investieren müssen.

Laut ausländischer Beobachter sind die tadschikischen Grenzer bisher kaum in der Lage, den strategisch wichtigen Grenzfluss zu Afghanistan zu sichern, über den ein Großteil des Opiumschmuggels aus Afghanistan nach Zentralasien und Russland geht. Die USA unterstützen bereits mit über 20 Millionen Dollar den Aufbau der tadschikischen Grenztruppe. Von den knapp 10.000 Grenzern unter russischen Kommando waren über 95 Prozent Tadschiken, die für lokale Verhältnisse von Moskau überdurchschnittlich bezahlt worden. Die russischen Grenztruppen waren einer der wichtigsten Arbeitgeber. All diese Vergünstigungen fallen nun weg. MARCUS BENSMANN