Rechte Radiomacher müssen ins Gefängnis

RECHTSEXTREMISMUS Internetradio-Betreiber hatten volksverhetzende Inhalte gesendet

BERLIN taz | Über zwei Jahre hatte das rechtsextreme Internetradio European Brotherhood (EBR) gegen Minderheiten gehetzt. Im März 2009 dann wurde das Programm – „von Nationalen für Nationale“ – von Berliner Kriminalbeamten abgeschaltet.

Der Betreiber des Senders muss nun zwei Jahre und neun Monate in Haft. Das Berliner Landgericht verurteilte den 24-Jährigen und sechs Gesinnungsgenossen am Montag wegen Volksverhetzung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Die Mitschuldigen erhielten Haftstrafen von einem Jahr mit Bewährung bis zu zwei Jahren und fünf Monaten ohne Bewährung.

Eine der Angeklagten war zum Tatzeitpunkt V-Frau des niedersächsischen Verfassungsschutzes. Angeklagt waren zwei Frauen und fünf Männer im Alter zwischen 20 und 36 Jahren aus Berlin, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen sowie Nordrhein-Westfalen.

Die Berliner Kripo war im Januar 2009 nach einem Hinweis der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern aktiv geworden. Dort war auf Flyern für das Internetradio geworben worden. Die Sendungen, eine Rund-um-die-Uhr-Dauerschleife aus volksverhetzenden Musikstücken und live moderierter Hetze gegen Minderheiten, wurden von bis zu 60 Usern gehört. Mit dabei am Mikrofon: die 31-jährige Sandra F. aus Soltau, eine V-Frau des niedersächsischen Verfassungsschutzes. Vor Gericht hatte sie zugegeben, bei ihrer Moderation den Holocaust geleugnet und „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“ gerufen zu haben. Allerdings berief sie sich darauf, dies mit Billigung des Verfassungsschutzes getan zu haben, dem sie regelmäßig über das Internetradio berichtet haben will.

Die Frage, was der Verfassungsschutz von der Existenz des rechtsextremen Internetradios und von den Straftaten der V-Frau gewusst hat, hatte in dem Prozess eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. Der Präsident des Verfassungsschutzes Niedersachsen, Günter Heiß, war auf Antrag der Verteidigung vergangenen Donnerstag als Zeuge geladen worden. Seine Aussage ergab, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz schon im Januar 2007 von der Existenz des EBR wusste. Die entsprechende Aktennotiz des Bundesamts hatten Heiß’ Mitarbeiter aber „abgeheftet“, weil es „keinen niedersächsischen Bezug“ gegeben habe. Dass eine der niedersächsischen V-Frauen, Sandra F., für das EBR Sendungen moderierte, so Heiß, habe er erst im Januar 2009 mit Beginn der polizeilichen Ermittlungen erfahren.

Laut Heiß war F. seit November 2007 V-Frau und als solche zuständig für mehrere Kameradschaften in Niedersachsen. Später hatte sie einen hohen Posten bei der rechtsextremen Deutschen Volksunion (DVU) in Niedersachsen.

Kenntnis, dass die Angeklagte bei dem Radio mitgearbeitet hatte, so der Chef des Verfassungsschutzes, „hatten wir nicht“. Die Führerin der V-Frau habe ihm glaubwürdig versichert, von Sandra F. nichts über das EBR erfahren zu haben.

PLUTONIA PLARRE