namensproblematiken
: Diskursive Minenfelder

Hamburger Soundtrack

von Nils Schuhmacher

Ganz gegen den Trend kann man sich als Band auch anders nennen als Trümmer, Messer, Zucker oder Bein oder was der aktuellen schmallippigen Namen mehr sind. Das Gute ist: Im Gegensatz zu den genannten Ein- und Zweisilbern werden damit assoziative und diskursive Räume geöffnet – mitunter aber auch Minenfelder beschritten.

Bei „Aufbau West“ (6. April, Astra Stube) denkt man in Hamburg ja nicht nur an die verblichenen Abbau West, sondern fragt sich auch: Wo soll denn hier angepackt werden? Anders als zwischen Dresden und Zwickau, wo die Leute mit dem Rücken an der frisch verputzten Wand stehen, auf eine sanierte Altstadt schauen, aber innen ganz verfault sind. Um dann zu denken: Vielleicht es bei uns genau andersrum, und schon ergibt der Name „Sinn“, auf unheimliche Weise. So hat die Band uns allein mit ihrem Namen zum Denken gebracht.

Oder eben Isolation Berlin (1. April, Molotow): Von der Stadt weiß man ja nun, dass sie freudig zuckt unter dem Zustrom von Künstlern, Slackern und Touristen. Das mit der Isolation, das war zu Zeiten von Blockade und Luftbrücke und dann noch einmal in den 80ern, als junge Männer vor der Bundeswehr dorthin flüchteten und sich ihre ganz eigene Welt aufbauten, denkt man sich, von der heute nur noch Dieter Kunzelmann übrig ist.

Und dann denkt man zuletzt, dass die Gruppe das ganz anders meint: die Stadt voller unternehmerischer Subjekte, postmoderne Monaden mit Biolimonade in der Hand und Projekten im Kopf. Also, soziologisch betrachtet, mit einer spezifischen Form der Isolation geschlagen. Da passt es dann im Sinne der Traditionsbildung ganz gut, dass die Band klingt wie Ton Steine Scherben, nach Punk, mit Surf – aber ohne Politik. An deren Stelle tritt eine von Ernst umwehte Selbstbefindlichkeit, die sympathischer rüberkommt als das Jungmänner-Kotzbrockentum von Bands wie Wanda.

Deren Name wiederum fügt sich nicht in die erste Gruppe schneidiger Selbstbenennungen. Und für die Minenfelder – muss man die Band hören.