Ganztagsschule soll jetzt bilden

Mit einem 20-prozentigen Lehrerzuschlag will Schulministerin Sommer das Bildungsangebot an den Ganztagsgrundschulen verbessern. Experten halten die Offensive für den richtigen Schritt

VON NATALIE WIESMANN

Bildungsexperten in NRW sind von einer Offensive der Schulministerin Barbara Sommer (CDU) positiv überrascht worden: Sie will an den Offenen Ganztagsgrundschulen auch nachmittags Unterricht anbieten. Dafür sollen im Februar 2005 mehr LehrerInnen eingestellt und in der kommenden Legislaturperiode 200.000 neue Plätze geschaffen werden. Sommer stellte ihre Pläne am Mittwoch dem Schulausschuss vor.

„Dass Ganztag in Zukunft nicht mehr morgens Unterricht und nachmittags Betreuung bedeuten soll, wird von uns ausdrücklich begrüßt“, sagt Udo Beckmann, Vorsitzender des Vereins für Bildung und Erziehung (VBE). Er hatte die Offene Ganztagsgrundschule seit ihrer Einführung 2004 kritisiert und sie „Halbtagsschule mit anschließender Suppenküche“ geschimpft. Denn das Geld für zusätzliche Lehrerstellen, die das Land den Kommunen zur Verfügung gestellt hatte, haben diese genutzt, um freie Träger mit einem Nachmittagsangebot zu beauftragen.

Das soll sich jetzt ändern: Für die Kinder, die in Ganztagsschulen unterrichtet werden, wird es in Zukunft einen 20-prozentigen Zuschlag an Lehrpersonal geben. Im Gegensatz zu früher sollen die neuen Gelder nur noch für ausgebildetes Personal ausgegeben werden. Das bisherige „Wellness“-Angebot am Nachmittag wird reduziert, dafür soll es mehr Förderunterricht geben.

„Ich hätte nicht gedacht, dass unser Wunsch erfüllt wird“, sagt Wolfgang Paterok, Vorsitzender des Ganztagsschulverbandes NRW. Er, der die Offene Ganztagsgrundschule als „Billig-Lösung“ bezeichnet, hatte bereits befürchtet, dass das Modell den wenigen echten Ganztagsschulen im Land übergestülpt würde.

Für die Horte in NRW könnte die Initiative der Landesregierung das endgültige Aus bedeuten. Vor kurzem noch hatte Generationenminister Armin Laschet (CDU) angekündigt, dass die Schließung der Horte verschoben würde, bis die Qualität der Ganztagsschulen angehoben sei. „Sommers Pläne sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Andreas Meyer-Lauber, Vorsitzender der GEW. Von einer richtigen Ganztagsschule könne man erst dann sprechen, wenn das Angebot für alle SchülerInnen verpflichtend sei, „wie es in unseren Nachbarländern schon lange praktiziert wird“. Außerdem gebe es noch 2.700 Grundschulen ohne ein solches Angebot. „Solange das nicht flächendeckend ist, brauchen wir die Horte noch“.

Meyer-Lauber freut sich, dass Finanzminister Helmut Linssen (CDU) „offenbar die Hähne für Bildung aufdreht“. Noch ist er aber skeptisch, ob das angekündigte Projekt auch wirklich realisiert wird: „Die Stunde der Wahrheit ist erst im März, wenn der neue Haushalt verarbschiedet wird.“ Auch Schulministerin Barbara Sommer scheint sich noch nicht sicher zu sein: „Das ist noch kein Gesetzesentwurf, das sind bisher nur Eckpunkte“, sagt ihr Sprecher Oliver Mohr.