Harmonia an der Elbe

Die Hamburger Bürgerschaft will Mittwoch den Bau der spektakulären „Elbphilharmonie“ beschließen. Mit Hilfe von Spendern soll eines der zehn weltbesten Konzerthäuser geschaffen werden

von gernot knödler

Stadt Hamburg an der Elbe Auen wie bist Du stattlich anzuschauen, mit Deiner Türme Hochgestalt und Deiner Schiffe Mastenwald!

Der Mastenwald aus der Hamburg-Hymne von Georg Nicolaus Bärmann (gestorben 1850) ist inzwischen ziemlich licht. Ihrer Türme Hochgestalt – die von Kirchen geprägte Stadtsilhouette – gedenkt „Hammonia“ in Kürze durch einen mehr als 100 Meter hohen Musentempel auszuschmücken: die Elbphilharmonie.

Der Konzertsaal soll Hamburg in die Ränge der großen Musikstädte der Welt führen und auf der Liste der attraktivsten Firmenstandorte weiter voranbringen. Den Bau finanzieren zu einem Gutteil reiche Hamburger. Ob es mit Bürgersinn gelingen wird, auch das Betriebskostendefizit zu decken, ist offen.

Auf einen weithin sichtbaren Backsteinspeicher im Hafen wollen die Schweizer Star-Architekten Herzog & de Meuron eine Glashaube mit zwei Konzertsälen setzen. Zwischen der Haube und dem Speicher entstünde 35 Meter über der Elbe ein öffentlicher Platz. Ein Parkhaus im Speicher, Luxuswohnungen und ein Hotel sollen den Rest des weitläufigen Baus füllen. Auf eine europaweite Ausschreibung hin meldeten sich 25 Interessenten für diese Mantelbebauung.

Mit der Projektkoordinierung wurde die städtische Realisierungsgesellschaft Hamburg (ReGe) beauftragt, die sich bei der Zuschüttung des Mühlenberger Lochs für Airbus ihre Sporen verdient hat. Die ReGe erstellte eine Machbarkeitsstudie, nach der das Vorhaben inklusive Mantelbebauung aber ohne Verkehrsanbindung 186,7 Millionen Euro vor Steuern kosten würde. Maximal 77 Millionen davon glaubt der Senat bezahlen zu müssen. Denn der Investor soll nicht nur knapp 70 Millionen Euro für die Mantelbebauung ausgeben, sondern sich auch an den Kosten für die Plaza, Aufzüge und Rolltreppen sowie den Umbau des Speichers beteiligen. Weitere 30 bis 35 Millionen Euro sollten durch Spenden aufgebracht werden.

Dieser Betrag ist bereits übertroffen: Das Bauunternehmer-Ehepaar Helmut und Hannelore Greve spendeten 30 Millionen Euro und Versandhauschef Michael Otto zehn Millionen Euro.

Sorgen, die Baukosten könnten zu kühn kalkuliert sein, trat Projektleiter Hartmut Wegener vor der Bürgerschaft vehement entgegen. Die ReGe habe Pläne so weit vorangetrieben, dass die Kosten seriös geschätzt werden könnten. Die Summe könne sich allenfalls um zehn Prozent erhöhen. Die Betriebskostenkalkulation dürfte riskanter sein, wie eine Befragung der Leiter vergleichbarer Konzerthäuser ergab. Es werde möglicherweise lange dauern, das Publikum an das Haus heranzuführen und einen hohen Auslastungsgrad zu erreichen, auch wenn das Programm weit über die klassische Musik hinausgehen soll.

Trotzdem ist die Zustimmung der Bürgerschaft sicher. Selten ist einem Vorhaben in der Stadt solche Einmütigkeit entgegen gebracht worden wie der Elbphilharmonie. Der SPD-Landesvorsitzende Mathias Petersen, der sich angesichts hoher Schulden gegen eine Finanzierung aus Steuern ausgesprochen hatte, wurde vom klavierspielenden Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt zurückgepfiffen: Er begrüße den Bau „als Impulsgeber für das Musikleben und als neues Wahrzeichen“, sagte er dem Abendblatt. Er hoffe, dass das Vorhaben von der Tradition bürgerschaftlichen Engagements in der Stadt profitieren werde. Um es mit der Hymne zu sagen: Gott wolle ferneres Gedeihn der teuren Vaterstadt verleihn!