„Ich muss damit leben“

In einem Jahr werden Studiengebühren fällig. Schon jetzt gilt die Devise: sparen oder sputen

Der Countdown läuft. Ein Jahr noch, dann werden sie fällig, die 500 Euro Studiengebühren pro Semester. Zahlen sollen nicht nur jene, die außerhalb des Bremer Stadtgebietes wohnen. Zahlen soll auch, wer länger als 14 Semester studiert.

Auch Stefanie könnte zur Kasse gebeten werden. Seit 13 Semestern studiert sie Politikwissenschaft an der Uni Bremen – und wohnt in Syke. „Ich arbeite fieberhaft daran, es rechtzeitig zu schaffen.“ Die Prüfungen stehen noch aus, die Diplomarbeit auch, eine Abhandlung zur „Parteien- und Regierungskommunikation am Beispiel von Hartz IV“.

Ein Umzug nach Bremen kommt für die 25-Jährige nicht in Frage: Die Grünen-Politikerin ist Nachrückerin im Syker Stadtrat und will kommendes Jahr für die Kommunalwahl kandidieren. Doch die politischen Aktivitäten hat sie momentan auf Eis gelegt. Ihren Sitz im Landesvorstand der niedersächsischen Grünen hat sie aufgegeben, auch aus dem AStA ist sie wieder ausgeschieden. Zwei Jahre war sie dort aktiv – „und in dieser Zeit habe ich eigentlich gar nicht studiert“. Kein Uni-Gremium, in dem sie nicht gesessen hätte im Laufe ihres Studentinnenlebens. Zwei Semester würden ihr dafür gut geschrieben, so sieht es das Studienkontengesetz vor.

Gegen das Gesetz klagen will sie nicht – zu schlecht sind die Erfolgsaussichten, glaubt Stefanie. Und überhaupt wolle sie ihr Studium jetzt einfach nur noch hinter sich bringen: „Ich habe jetzt genug von der Uni.“

Während Stefanie noch hoffen darf, wird Marie auf jeden Fall zahlen müssen. Seit 17 Semestern ist sie an der Uni Bremen eingeschrieben, für Romanistik und Informatik. „Ich war am Anfang nicht so gut organisiert“, gibt die 33-Jährige zu – um dann auf ungünstige Studienbedingungen zu verweisen. Das „knappe Lehrangebot in der Romanistik etwa, die „überlasteten Prüfer“, die geänderten Prüfungsordnungen und die Wechsel in der Professorenschaft.

18 Monate brauche sie noch, schätzt Marie – und dafür hat sie in den letzten zwei Jahren schon mal gespart. Ob‘s reicht? „Ich hoffe es. Sicher bin ich nicht.“ Gegen das Gesetz klagen will sie eher nicht, und gegen Studiengebühren demonstriert sie nicht mehr – aus Zeitgründen. „Ich will mein Studium beenden, also muss ich damit leben.“

So ähnlich geht es auch Markus, der im 21. Semester Soziologie studiert. Die Diplomarbeit ist noch nicht in Sicht, ein paar Scheine sind auch noch fällig. „Anfangs habe ich das Studium nicht sonderlich ernst genommen.“ Und ab 1998 war Markus anderweitig engagiert: in der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen. „Da war ich immer nur ein bisschen in der Uni.“ Inzwischen studiere er „relativ effizient“, will fertig werden, „so schnell es geht“. Noch rechnet sich Markus Chancen aus, es binnen Jahresfrist zu schaffen. Und wenn dies nicht gelinge – „dann klage ich auch“. Die Studiengebühren seien auf diesem Weg zwar nicht mehr aufzuhalten, einzelne Härtefalle hingegen hätten durchaus eine Chance. Das glaubt auch der AStA, der bereits nach potentiellen KlägerInnen sucht. Einen hat er schon. Jan Zier