LeserInnenbriefe
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Einfach Rassisten

betr.: „AfD. Häusle am Hang und Angst vor Flüchtlingen“,taz vom 15. 3. 16

Ja, sie gehören jetzt dazu; sie sind gewählt. Aber muss man sie fast unisono als „die besorgten Bürger“ ansprechen?

Sie sind nicht besorgt über den Klimawandel, sind nicht besorgt über die Gefahren der Atomkraft, nicht über die Milliardenausgaben zur Bankenrettung. Sie sorgen sich nicht um den gläsernen Bürger, nicht um die andauernde Benachteiligung von Frauen. Sie sind „besorgt“ über die fremden Menschen, die zu uns kommen. Sie sind einfach Rassisten. Man sollte sie so auch benennen. LIES WELKER, Mainz

Fehl am Platz

betr.: „Sehnsucht nach gestern“, taz vom 15. 3. 16

Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass die taz – und dazu noch auf ihrer Titelseite – ein Foto der AfD-Frontfrau im Großformat zur Schau stellt, wie dies auch heute von anderen ­Tageszeitungen für angebracht gehalten wird. Die taz ist für mich kein Medium des Mainstreams. Was soll uns dieses Foto einer „Schein-Heiligen“, die fast demütig in innerer Einkehr ihren Blick auf den Boden senkt, eigentlich sagen? Ich habe da überhaupt keinen Fragebedarf.

Die harte öffentliche Auseinandersetzung mit dieser „Dame“ und ihrer Partei halte auch ich für unverzichtbar. Solche Fotos aber sind absolut unnötig und kontraproduktiv. Sie sind einfach fehl am Platz! HELMUT KÜSTER, Niederkrüchten

Schlaflos in Pakistan

betr.: „Rechts außen festgesetzt“, taz vom 14. 3. 16

Letzte Nacht konnte ich schlecht einschlafen. Es lag nicht nur an der Hitze und der stickigen Luft, die der Deckenventilator scheinbar nur widerwillig in meinem Zimmer hin- und herschob. Es lag auch nicht nur an den Moskitos. Nicht nur am Frust über mein White Privilege. Und auch nicht nur an der Tatsache, dass einige Kommandanten der Taliban nur wenige Hügel entfernt von mir an ihrer Wasserpfeife ziehen. Die halten ja zumindest in Karatschi im Moment still.

Nein, es waren die Wahlergebnisse aus Deutschland, die mir für einen Moment viel realer erschienen. Die AfD bei 24 Prozent in Sachsen-Anhalt und bei 15 Prozent in meinem Bundesland? Das ist echt beängstigend. HANNAH BLEY, Heidelberg

Absurde Asylgesetzgebung

betr.: „Diagnose unter Verdacht“, taz vom 14. 3. 16

Dass nach der Verabschiedung des Asylpakets II auch Bescheinigungen von PsychotherapeutInnen Flüchtende nicht mehr vor Abschiebungen bewahren können, ist schlimm. Aber es war doch nur ein kleines Schlupfloch in dieser absurden Asylgesetzgebung, das zu Recht genutzt oder zu Unrecht ausgenutzt wurde, um Menschen vor weiterem Leiden zu schützen. Tatsächlich wird die Diagnose „Posttraumatische Belastungsstörung“ mittlerweile auf der ganzen Welt nach dem Gießkannenprinzip angewendet und das nicht immer zum Vorteil der Betroffenen. Viel schlimmer ist es doch, all diese leidenden Menschen, die vor Krieg, Armut und Unterdrückung fliehen, mit einer Diagnose zu pathologisieren oder pathologisieren zu müssen. Damit wird ihnen wieder ein Stück ihrer Würde genommen. So sind es doch nicht die menschlichen Reaktionen auf solche Einwirkungen, die krank oder unnormal sind, sondern eben die Umstände, aus denen sie resultieren. Vielmehr ginge es um die Abschaffung traumatisierender Bedingungen und um das Vermeiden traumatischer Erfahrungen – hier wie dort.

ANDREA SACHER, Psychotherapeutin, Unna

Komplexe Thematik

betr.: „85 Prozent bleiben cool“, taz vom 14. 3. 16

Es ist vermessen zu behaupten, 85 Prozent der Wähler/innen in Baden-Württemberg würden die Flüchtlingspolitik von Frau Merkel stützen, weil sie nicht AfD gewählt haben. Es gibt auch Menschen, die niemals AfD wählen würden (ich) und trotzdem die Flüchtlingspolitik von Frau Merkel kritisch bis ablehnend sehen. Trotz gestiegener Wahlbeteiligung gibt es noch einen hohen Anteil von Nichtwählern, die möglicherweise auch nicht einverstanden sind und durch Nichtwählen ein Signal setzen wollen. Die AfD hat von der Schwäche der anderen Parteien profitiert.

Im vergangenen Jahr hat es die Bundesregierung, die jetzt in den Landtagswahlen abgestraft wurde, nicht fertig gebracht, ein Konzept zur Flüchtlingsfrage zu entwickeln. Es hat weder eine Auseinandersetzung mit den Ängsten der Menschen noch mit der AfD gegeben. Alle kritischen Stimmen in die rechte Ecke zu stellen, ist schlichtweg zu wenig und führt nur dazu, dass sich die Menschen in diesem Land nicht ernst genommen fühlen und zu Nicht- oder AfD-Wählern mutieren. Vielleicht sollten insbesondere Zeitungen damit anfangen, die sehr komplexe Thematik sachlich aufzuarbeiten. Aufnahme von Flüchtlingen ja, aber nur zu festzulegenden Bedingungen und in einer verkraftbaren Zahl. Der Islam mag zwar zu uns gehören, aber nur dann, wenn die demokratische Grundordnung und das Grundgesetz geachtet werden. Verachtung für anders Gläubige hat keinen Platz in diesem Staat. TORSTEN TIEFENBACHER, Berlin