Punktsieg für Abbas

Palästinenserpräsident im Weißen Haus: Die USA werden die Hamas nicht an einer Wahlteilnahme hindern

JERUSALEM taz ■ Nur an einer Stelle hat Palästinenserpräsident Machmud Abbas seine Enttäuschung herunterschlucken müssen: Ja zum Palästinenserstaat, wiederholte sein Gastgeber US-Präsident Georg W. Bush die Verpflichtung an Abbas, aber „nicht zwingend zu meiner Amtszeit“. Weniger als nur drei Monate vor den palästinensischen Parlamentswahlen bekam Abbas nichtsdestotrotz die unbedingte Rückendeckung aus dem Weißen Haus und das Signal, dass man in Washington die Teilnahme der Hamas am Urnengang zwar nicht gern sieht, jedoch auch nicht unterbinden wird.

Ein weiser Schritt Bushs, der begriffen hat, dass er nicht auf Reformen zur Demokratisierung der Palästinensergebiete drängen und zugleich demokratische Basisrechte beschneiden kann. Die Hamas wird ihre Kandidaten in den Wahlkampf schicken und das obschon die 1993 unterzeichnete Osloer Prinzipienerklärung die Teilnahme terroristischer Organisationen an politischen Prozesses ausschließt.

Bush vermied sorgsam, Hamas beim Namen zu nennen, sondern sprach lediglich von „bewaffneten Banden“, denen man sich stellen müsse. Ja zur Einbeziehung der islamischen Extremisten, so scheint die neue Formel zu lauten, auf die sich auch Israel irgendwann einlassen wird, aber Nein zur Gewalt. Es muss eine Entwaffnung geben, aber nicht vor den Wahlen.

„Wir verfügen derzeit nicht über die Mittel, um die Waffen zu konfiszieren“, signalisierte der ehemalige Fatach-Minister Kadoura Fares diese Woche gegenüber der „Stimme Israels“ die Ohnmacht der palästinensischen Sicherheitsdienste. Abbas blieb in Washington nicht viel mehr als von „aktiven Maßnahmen“ zu berichten, mit denen man ab sofort zumindest „bewaffnete Demonstrationen“ unterbinden könne.

Übrig blieb das gewohnte Mantra des Chefs im Weißen Haus von der Notwendigkeit, zur Roadmap, dem internationalen Friedensplan, zurückzukehren, und seine Aufforderung an die Israelis, den Bau jüdischer Siedlungen einzustellen. Bis Ende des Jahres war der zunehmend zur Farce geratene Friedensplan angelegt, von dem noch nicht einmal die ersten Paragraphen umgesetzt wurden, wie Auflösung der so genannten illegalen Siedlervorposten, worauf Bush auch jetzt wieder drängte. Keine der Konfliktparteien scheint an der Umsetzung der 2003 getroffenen Vereinbarung interessiert.

Bis Mitte Januar steht auf der Tagesordnung zuallererst, die Situation im Westjordanland ruhig zu halten. Eskalationen würden den Extremisten Punkte verschaffen. Der Wahlsieg der Fatach ist alles andere als sicher. Abbas benötigt dezente Rückendeckung aus Washington und Jerusalem, keine demonstrativen Sympathiekundgebungen, sondern konkrete Maßnahmen wie Reiseerleichterungen, Truppenrückzug und womöglich eine weitere Gefangenenamnestie. Die Amerikaner überzeugen vor allem mit ihren Dollars. In Ramallah und Bethlehem weiß man nur zu gut, dass wenn eines Tages Hamas das Geschehen lenken sollte, die internationale Unterstützung schnell beendet werden würde. SUSANNE KNAUL