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Daily Dope (711) Während die überführte Tennisspielerin Maria Scharapowa weiter an ihrer Verteidigungsstrategie bastelt, entzünden sich an ihrem Fall längst propagandistische Scharmützel

Außenminister Lawrow will genau wissen, wie es zum Verbot des Mittels kam

von Andreas Rüttenauer

Maria Scharapowa, die positiv auf das Herzmittel Meldonium getestete Tennisspielerin, hat sich am Wochenende via Facebook an ihre Fans gewandt. Es ist ein aufgeregter Post, den sie da abgesetzt hat, und wer der reichen Sportlerin nach wie vor vertraut, der könnte sich beinahe Sorgen machen um ihren Gesundheitszustand und wird hoffen, dass die Aufregung ihrem kranken Herzen nicht weiteren Schaden zufügen möge. Geärgert hat sich Scharapowa, wie sie schreibt, über die Medien und ihre Berichterstattung, darüber, dass ganz und gar nicht stimme, was da behauptet wird.

Sie sei keineswegs fünfmal darauf hingewiesen worden, dass das bis Jahresende 2015 erlaubte Mittel seit dem 1. Januar auf der Verbotsliste der Weltantidopingagentur Wada steht. Vielmehr habe sich der Hinweis auf das Verbot in einer Mail gefunden, in deren Betreff nichts weiter stand als „Players News“. Darin hätten sich mehrere Links gefunden. Und nur wer sich in der „Players Zone“ eingeloggt hätte, der sei zu einem Link gelangt, der zu den neuen Antidopingbestimmungen geführt habe. Die gute Frau will damit sagen, dass man es als Tennisspielerin eben auch nicht leicht hat, und es ist gewiss kein Zufall, dass sie das so schildert, als handle es sich bei ihrem Meldonium-Fall um eine Falle, in die man sie habe hineintapsen lassen.

Derweil spricht die Wada von 99 positiven Meldonium-Fällen. Die meisten Namen, zu denen die positiven Proben gehören, sind noch nicht bekannt. Weil aber die meisten der bekannten Namen die russischer Athleten sind, mischt der russische Außenminister Sergej Lawrow in der Debatte um das frisch verbotene Mittel aus Litauen, das in den meisten Ländern Europas nicht zugelassen ist, kräftig mit. Man solle ihm einmal genau erklären, warum das Mittel denn nun eigentlich verboten worden ist. Damit tut auch er so, als handle es sich um eine Falle, die man dem übel beleumundeten russischen Leistungssport habe stellen wollen.

Auch weil der russische Nachrichtenkanal RT genüsslich aus einem Bericht der amerikanischen Tageszeitung USA Today zitiert, in dem es heißt, das Meldonium sei verboten worden, weil die US-Antidopingagentur Usada den entscheidenden Tipp dazu gegeben habe, tobt längst ein kleines Propagandascharmützel um den Fall. Jemand, der sich öffentlich zu dem Thema nicht äußern dürfe, habe der Zeitung gegenüber behauptet, dass im März bei der Usada vertrauliche Dokumente vorlagen, aus denen hervorgegangen sei, dass Athleten aus Osteuropa Meldonium nutzen würden. Bei der Jahrestagung der Usada in jenem Jahr war das Mittel dann bereits Thema. Im Oktober landete es dann schon auf der Wada-Liste der beobachteten Medikamente.

Und während in den nächsten Wochen wohl noch viele Namen mit Meldonium erwischter Athleten bekannt werden dürften, sorgt die weiter andauernde Sperre der russischen Leichtathleten für zusätzliche diplomatische Verwicklungen. Auch hier mischt Außenminister Lawrow kräftig mit und fordert, sein Land müsse fair behandelt werden, und niemand solle behaupten, er verfüge über die absolute Wahrheit. „Wir haben unsere eigenen Experten, ebenso wie andere Länder“, sagte er im russischen Fernsehen. Als diplomatische Zurückhaltung wird das wohl niemand bezeichnen können.