Politik der Amoral

Schäbiger Deal Ganz Europa wird zur krisenfreien Zone erklärt. Merkel lagert die Asylpolitik in die Türkei aus. Aber kommt das wirklich überraschend?

Droht der Kanzlerin die dunkle Zeit des Niedergangs? Foto: reuters

Menschen als Waffe

betr.: „Merkels schockierende Wende“, taz vom 9. 3. 16

Gern hätte ich gewusst, wie extrem negativ unsere Regierung Erdoğans Einschränkung der Pressefreiheit und seinen Angriff auf „politisch Andersdenkende“ bewerten würde, gäbe es da nicht das Flüchtlingsproblem. Dieses macht uns auf Dauer erpressbar! Bekommt Erdoğan nicht das, was er fordert, droht er mit der Weiterleitung der Flüchtlinge, was zwangsläufig die Spaltung der EU bedeuten würde.

Menschen als Waffe einzusetzen, bedeutet sie zu verachten.

JÜRGEN KRÖHL, Bechtsbüttel

Verdienen am Tod

betr.: „Merkels schockierende Wende“, taz vom 9. 3. 16

Endlich mal ein Kommentar, der die Dinge beim Namen nennt! Danke, Eric Bonse!

Die Fortsetzung der „juristisch fragwürdigen und moralisch unerträglichen“ Ausverkaufspolitik war doch voraussehbar. Was hat die Deutsche Regierung mit den Menschen in Griechenland gemacht? Der Verkauf von Menschen an Märkte ist schon unerträglich. Jetzt macht sich die EU schwach und erpressbar – ohne Grund. Der Export von Rüstungsindustrie in Krisenregionen erzeugt Flüchtlinge. So einfach ist das. Wenn die Regierung Deutschlands weiter an Elend und Tod verdienen will, macht sie sich zum Spielball von Despoten. NORBERT VOSS, Berlin

Investition in Krieg

betr.: „Merkels schockierende Wende“, taz vom 9. 3. 16

Natürlich ist der Flüchtlingsdeal mit der Türkei unmenschlich. Es macht mich auch traurig, dass dieser Plan umgesetzt werden könnte. Aber schockiert oder überrascht? Nein, keineswegs. Schließlich beteiligt sich die Bundeswehr unter Angela Merkel am Nato-Einsatz in der Ägäis. Abschiebung im Mittelmeer, statt an der bayrischen Grenze. Immer noch gehört Deutschland zu den größten Waffenexporteuren der Welt. Immer noch investiert das Land, in dem wir leben, wesentlich mehr Geld in Militär und Rüstung als in Flüchtlingshilfe. Natürlich hat Merkel „Wir schaffen das“ gesagt. Natürlich propagiert sie Frieden, aber gleichzeitig investiert Deutschland in Krieg.

Unsere Kanzlerin ist eine Heuchlerin. Eine schockierende Wende erkenne ich nicht.

FEE GRUPE, Mönchengladbach

Kaltherzig

betr.: „Salto mortale“,taz.de vom 8. 3. 16

Für einen kurzen Moment im Herbst dachte ich, Angela Merkel zeige Mitmenschlichkeit. Weit gefehlt. Sie nahm damals die aktuelle Stimmung auf, so wie jetzt auch.

Kaltherzig überlässt sie Flüchtlinge Diktatoren – so wie alle ihre Vorgänger. LAPA, taz.de

Frischer Mohn

betr.: „Ein sehr privilegierter Partner“, taz vom 9. 3. 16

Das trojanische Pferd des Jahres 2016 transportiert Flüchtlinge (als Verhandlungsmasse), Frau Merkels Abschiedsgeschenk? Und die Grünen? Erdoğan scheint Schwarzen Afghan nach Stuttgart durchgelassen zu haben und frischen Mohn nach Berlin. Frau Petry plant ihre Studienreise nach Ankara und Herr Söder seinen Ernennungsparteitag an der türkischen Riviera (viel Sonne, billige Flüge all-inclusive und Suiten für jeden Teilnehmer). Nur im Norden, nördlich des Wendlands, wo die Luft noch frisch und nur leicht radioaktiv ist, da …Stopp, ich höre gerade, der Druide ist noch im Wald unterwegs.

DIETMAR RAUTER, Kronshagen

„Kuhhandel“

betr.: „Ein sehr privilegierter Partner“, taz vom 9. 3. 16

In dem geplanten Abkommen über die Rückführung von Flüchtlingen aus Marokko wird die Bundesregierung der marokkanischen Regierung ihre Unterstützung in der Westsahara-Frage zusichern.

Sie unterläuft dabei die Anstrengungen der dort heimischen Bevölkerung, der Sahauris, die um Autonomie ihres von Marokko besetzten Landes kämpfen. Seit Entlassung der ehemaligen spanischen Kolonie und der Annexion der rohstoffreichen Westsahara betreibt Marokko dort eine Bevölkerungspolitik, die die Grundsätze der Vereinten Nationen verhöhnt.

Die geplante Annäherung an die Türkei zur Behebung des Flüchtlingsdilemmas stärkt die Innenpolitik Erdoğans und rechtfertigt dessen Kampf gegen die kurdische Bevölkerung, die um Anerkennung ihrer Identität ringt. Diese Auseinandersetzung wird in Ostanatolien mit militärischen Mitteln geführt und dient ausschließlich der Verfestigung des demagogischen Herrschaftsanspruches einer Partei über ethnische Minoritäten im eigenen Land.

In beiden Fällen verscherbelt unsere Regierung das Völkerrecht. Das mit „Kuhhandel“ zu bezeichnen, wird unserem Milchvieh nicht gerecht, das überwiegend unter würdigeren Umständen gehalten wird.

GERD DRESSLER, Preetz

Auf die Facepalme

betr.: „Ein sehr privilegierter Partner“, taz.de vom 8. 3. 16

Herr Bax schreibt: „Seit die Türkei an die Tür der EU klopft, wurde sie in Brüssel meist wie ein lästiger Bittsteller empfangen.“

Und jetzt, wo die EU nur noch eine Fassnachtsveranstaltung ist, da können wir die Türkei auch mit einem herzlichen Helau willkommen heißen? Im Europa von Kurz und Orbán wirkt das in der Tat nicht mehr wie Koks aus Brüssel, sondern wie (Maas das nennen würde) die Politik des Machbaren. Wenn man den ganzen Scheiß so verfolgt, der sich heute als politische Lösung ausgibt, kann man eh nur noch auf die Facepalme klettern. FILOU SOPHIA, taz.de

Reichlich zerrupft

betr.: „Ein sehr privilegierter Partner“, taz.de vom 8. 3. 16

Glaubt wirklich nach Ungarn und Polen noch irgendjemand, dass die EU ernsthaft Demokratie, Gerechtigkeit und Offenheit für Berichterstattung, Polizei und Justiz von einem Beitrittskandidaten wie der Türkei verlangen kann, ohne selbst ein Hohnlächeln dafür zu ernten? Kehrt erst mal vor der eigenen Tür, bevor ihr große Bedingungen stellt. Die EU sieht derzeit reichlich zerrupft aus. Handeln in Einigkeit und Harmonie, mit einer Stimme, davon ist am Horizont weit und breit nichts zu sehen. NOEVIL, taz.de

Drecksarbeit

betr.: „Ein sehr privilegierter Partner“, taz.de vom 8. 3. 16

Die Erklärung für das Einknicken vor dem autoritären Staat Türkei ist einfach. Sie soll die Drecksarbeit für die EU erledigen. Die EU lässt sich mangels eigener Lösungsideen und aufgrund der zum Inbegriff der EU gewordenen Insolidarität von der Türkei erpressen und instrumentalisieren. Schließlich hat die Türkei beste Reputation in Sachen Niederknüppeln, Niederbomben, Niederschießen und Foltern.

Bessere Voraussetzungen für einen privilegierten Partner kann es gar nicht geben. PETER A. WEBER, taz.de