Nazis sollen nicht mehr pilgern

Landesparteien wollen Gedenkstätten mit Nazi-Vergangenheit für Demos verbieten. Auf Burg Vogelsang sollen keine Rechten mehr marschieren. Staatsrechtler kritisieren den Vorstoß

VON GESA SCHÖLGENS

Ein mögliches Verbot von Nazi-Versammlungen und Aufmärschen an nordrhein-westfälischen Gedenkstätten stößt bei Staatsrechtlern auf Kritik. Die SPD-Fraktion hat im Landtag bereits einen Antrag gestellt, der auch von der regierenden CDU unterstützt wird.

Linksextreme sollen demnach von dem Verbot verschont bleiben. Staatsrechtlern zufolge muss das Versammlungsrecht aber politisch neutral sein, da alle Bürger gleiche Rechte genießen. „Politische Inhalte sollten bei dem Gesetz keine Rolle spielen“, sagt der Düsseldorfer Staatsrechtler Martin Morlok.

Problematisch erscheint Morlok auch die exakte Definition von „rechtsextrem“. Zudem seien nationalsozialistische Symbole und Parolen wie der Hitlergruß schon längst verboten. Bereits in der Bundes-Debatte kritisierten Rechtsexperten, dass das bisherige Versammlungsrecht vollkommen ausreiche.

Das geplante Verbot soll verhindern, dass Gedenkstätten von historischer und überregionaler Bedeutung zu Pilgerstätten Rechtsextremer werden. Besonders schützenswert seien laut SPD der Sowjetische Ehrenfriedhof und die Dokumentationsstätte Stalag in Schloss Holte Stukenbrock. „Beim Friedensfest in Stukenbrock marschieren regelmäßig Rechtsextreme auf“, sagt SPD-Sprecher Markus Weske. Im Gespräch ist auch die ehemalige Nazi-Kaderschmiede Burg Vogelsang im Nationalpark Eifel.

Die CDU-Fraktion begrüßt laut Sprecher Thomas Breuer den Vorstoß der SPD. Zur genauen Umsetzung wolle man sich nicht äußern, da einzelne Punkte noch geprüft würden.

In der Landesregierung gibt es jedoch auch kritische Stimmen. Es bestünden Zweifel, „ob sich die von der SPD genannten Beispiele für eine Gesetzesinitiative eignen“, sagt Ludger Harmeier, Sprecher des NRW-Innenministeriums. So habe die Burg Vogelsang keinen direkten Bezug zu den Opfern des NS-Regimes, und der Ehrenfriedhof liege auf einem Polizeigelände. Dort habe es nie Nazi-Aufmärsche gegeben.

Über den Sinn eines Verbots mag Monika Düker, Innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, ungern sprechen. „Das wurde schon auf Bundesebene rauf und runter diskutiert“, sagt Düker. Nun, da sich ein Gesetz auch in NRW ankündige, müsse man eben die Orte festlegen. Bis Jahresende wollen sich die Parteien einigen, ob und welche Gedenkstätten unter Schutz gestellt werden.