Mysterium in der Kulturbehörde

Seit August bereits erstellt eine ReGe-Fundraiserin in einem Büro der Senatorin das Sponsoring für die Elbphilharmonie. Über deren Bau wird aber erst am Mittwoch entschieden

Der Sommer ist vorüber, die Herbststürme toben, Pläne und Modelle sind veröffentlicht und gepriesen: Bis auf den positiven Bürgerschaftsbeschluss am Mittwoch fehlt fast nichts mehr in der Planung des Projekts „Elbphilharmonie“, und dass es gekippt werden könnte, glaubt inzwischen niemand mehr.

Das wäre auch bedauerlich, zumal in puncto Sponsoring alles startbereit ist: Anfang August bereits bezog Wiebke Kehler, Leiterin des Fundraising-Büros der städtischen Realisierungsgesellschaft (ReGe), ein Büro in der Kulturbehörde, um „die ,Stiftung Elbphilharmonie‘ interimsmäßig vorzubereiten und arbeitsfähig zu machen“, wie sie sagt. „Die Anträge liegen bereits bei der Stiftungsaufsicht.“

Kehler ist mit der Materie bereits vertraut: „Für die Firma ,Metrum‘ hat Frau Kehler im Auftrag der Unternehmensberatung ,Roland Berger‘ den Teil der Machbarkeitsstudie erstellt, der sich mit dem Sponsoring-Konzept befasst“, berichtet Kulturbehörden-Sprecher Björn Marzahn. Anfang Oktober hat die ReGe ihr zudem die Politikmanagement-Studentin Tine Aaby als Assistentin zur Seite gestellt.

Sinnvoll seien die Arbeitsplätze der ReGe-Mitarbeiterinnen in der Behörde, „weil enge Absprachen mit Kultursenatorin Karin von Welck nötig sind“, so Marzahn. Raummiete zahlt die ReGe allerdings nicht. Unbeantwortet bleibt auch die Frage, warum sich die Behörde so stark am Aufbau eines privatwirtschaftlichen Sponsoring-Konzepts sowie der privatrechtlichen Stiftung beteiligt, die M. M. Warburg & CO und HSH Nordbank gegründet haben. Auch scheint sich der Fokus bei näherem Hinsehen zu verschieben: Marketing- und Sponsoringkonzept haben, wie zu hören ist, vor der Stiftungsidee existiert, die also nur eine von vielen Maßnahmen zur Deckung des Betriebskosten-Defizits von bis zu 3,6 Millionen Euro ist.

Warum aber die auffallende Geheimnistuerei von Banken und Kulturbehörde, was Aufgabe, Vertragslaufzeit und Arbeitgeber Wiebke Kehlers und Tine Aabys betrifft? Man kann nur mutmaßen, dass es darum ging, durch die frühestmögliche Akquise von Sponsoren im Vorfeld des Bürgerschaftsbeschlusses Fakten zu schaffen. Kaum zufällig umfasst der Drei-Monats-Vertrag Wiebke Kehlers – von August bis Ende Oktober – exakt den Zeitraum zwischen Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie und Bürgerschaftsentscheid. Eigentlich hätte nämlich weder Behörde noch ReGe vor dem Bürgerschaftsbeschluss öffentlich akquirieren dürfen. Da zog man wohl die diskrete Lösung vor.

Offen bleibt auch die Frage, warum die städtische ReGe die Vorbereitung einer privaten Stiftung finanziert, in die sie selbst kein Kapital eingebracht hat. „Da Sponsoring und Stiftungen in den Bereich der Kulturbehörde gehören, hielten wir es für sinnvoll, unsere Mitarbeiterinnen dort anzusiedeln“, beteuert ReGe-Sprecher Clemens Finkbeiner-Dege. Und nur dort können wohl jene laut Marzahn „regelmäßigen Treffen Frau Kehlers mit der Kultursenatorin, ReGe-Projektkoordinator Hartmut Wegener und Herrn Gartiser“ stattfinden. Peter Gartiser ist Geschäftsführer der erwähnten Münchner Managementberatungsgesellschaft ,Metrum‘. Und nur auf Behörden-Territorium kann wohl die heiß begehrte Sponsorenliste erstellt werden.

Zu Details des Stiftungskonstrukts verweist der ReGe-Sprecher auf den Kulturbehörden-Referatsleiter Thomas Fuchs. „Die Stiftung dient sowohl dem Bau als auch der Deckung der Betriebskosten“, sagt der. „Da aber Bürger meist lieber für ein Gebäude spenden, wird der Senat den Anteil der für den Bau vorgesehenen 77 Millionen Euro, um den er durch Spenden entlastet wird, in die Stiftung einbringen.“ Aus den so anfallenden Zinsen soll das Betriebskosten-Defzit gedeckt werden.

Einzahlungen staatlicher Gelder in private Stiftungen sind durchaus rechtens, wie ein Experte der taz gegenüber bestätigt. Und „die Umwidmung dieses Haushaltstitels ist fiskalisch kein Problem“, betont Fuchs. Auch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit bedeute bei einer Kultureinrichtung keine Hürde, so der Fachmann weiter – es sei denn, es handele sich um einen reinen Wirtschaftsbetrieb.

Trotz etlicher unproblematischer Etappen ziehen die meisten Gründer allerdings auf Stiftungsrecht spezialisierte Beratungsgesellschaften hinzu, die die Stiftung auch nach ihrer Gründung begleiten und die Abschlussprüfung durchführen. Etliche renommierte Hamburger Stiftungen halten das so – schon aus Gründen der Unabhängigkeit externer Prüfer. Die Gründer der „Stiftung Elbphilharmonie“ haben hierauf jedoch verzichtet: Nur die Banken und der Referent der Kulturbehörde haben die Satzung erarbeitet – „allerdings haben wir einen Anwalt hinzugezogen“, so Fuchs.

Man bleibt also relativ unter sich, und das könnte auch so bleiben, wird doch gemunkelt, dass ReGe-Fundraiserin Wiebke Kehler bald in die Geschäftsführung der „Stiftung Elbphilharmonie“ wechseln soll. Dort wird sie wohl das von ihr selbst erarbeitete Sponsoring-Konzept umsetzen. Ob sie ihr Büro allerdings weiterhin in der Kulturbehörde haben wird, wusste vorige Woche niemand zu sagen. Petra Schellen