Hut ab, aber nicht wählbar

Merkels Flüchtlingspolitik Angela Merkel warb am vergangenen Sonntag bei Anne Will gezielt um Wechselwähler. Schaffen taz-LeserInnen das?

Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag Foto: dpa

Geht nicht zur Wahl

betr.: „Kanzlerin der Herzen … aber deshalb gleich CDU wählen?“,taz vom 1. 3. 16

Nur weil die EU unter der Leitung von Merkel jahrelang die Griechen und Italiener mit den Flüchtlingen alleine ließ und zusah, wie die Syrer ertranken, und Merkel dann plötzlich – ohne sich mit irgendjemandem in der EU abzusprechen – in die Welt hinausposaunt, dass wir das schaffen, und ihr Ego jetzt einfach nicht zulässt, zu wiederholen, dass sie sich mit dem Internet eben nicht auskennt – und jetzt kommen die tatsächlich, was sie sicher nicht gewollt hat, sonst wäre sie nicht in die CDU eingetreten –, jetzt, wo sie nur noch die Hoffnung trägt, das Problem auszusitzen, bis Griechenland und Sultan Erdoğan das schon irgendwie lösen werden, bekommt sie von euch Herzchen?

Ja, spinnt ihr denn?! Wie kurz ist denn euer Gedächtnis? Was ist mit Griechenland, das wir wirtschaftlich und sozial dem Erdboden gleichgemacht haben? Was ist mit dem Rest des europäischen Südens, der unter der Schuldenlast stöhnt, was ist mit der weiterhin kolonialistischen Politik, die fröhlich so weitergeht und die Menschen zu Bettlern werden lässt, was ist mit der ständig größer werdenden Kluft in der deutschen Gesellschaft? Und, und, und …

Geht das so schnell, dass ihr solchen Typen eure Stimme gebt? Seid ihr kleine Kinder, denen man mit einer Tüte Süßigkeiten ihre Stimme abkauft? Dann, bitte, tut mir den Gefallen, und geht nicht zur Wahl.

DIETER WEISSBACH, München

Hut ab

betr.: „Eine Ohrfeige für die CSU-Kleingeister“, taz.de vom 29. 2. 16

Hut ab vor Merkel. Auch wenn ich deswegen noch immer nicht CDU wählen werde, hat sie doch eine klarere Position als viele ihrer Kritiker, sei es von rechts oder links.

MARKUS MARIA STROBL, taz.de

Nichts Neues

betr.: „Eine Ohrfeige für die CSU-Kleingeister“, taz.de vom 29. 2. 16

Das große Problem an dem Interview war, dass für politisch halbwegs Interessierte überhaupt nichts Neues zu hören war. Fast alle Antworten waren vorher erwartbar. Anne Will war auch nicht bissig genug. Sie hat zwar manchmal pflichtschuldig nachgehakt, aber zumindest mehr Argumente der Merkel-Gegenseite hätte sie vorbringen können.

Vor allem bei dem Punkt, warum Merkel jetzt nicht die in Griechenland gestrandeten Migranten nach Deutschland überführen will, hätte sie sie mehr in die Enge treiben können.

Stattdessen viel zu viele Spekulationsfragen „was wäre, wenn“ – das lassen Politikprofis grundsätzlich von sich abperlen. Niemand legt sich unnötig gerne fest, umso wichtiger ist es, sich auf bestehende Widersprüchlichkeiten und Fakten im Jetzt zu konzentrieren als Journalist.

Erkenntnisgewinn für mich jedenfalls nach diesem Interview: 0

KAPIERT, taz.de

Sie ist die Mitte

betr.: „Kanzlerin der Herzen“,taz.de vom 1. 3. 16

Man muss sich einfach eingestehen, dass Merkel aktuell die einzige führende Politikerpersönlichkeit ist, die über den Tellerrand und noch in die Zukunft sieht – europaweit. Sie ist die Mitte, neben ihr nur noch mehr oder weniger schmale Ränder, die breiteren überwiegend rechts.

KLAUSK , taz.de

Das Hohelied

betr.: „Kanzlerin der Herzen“,taz.de vom 1. 3. 16

1. Bei niedrig stehender Sonne werfen auch Zwerge lange Schatten.

2. Über Jahre hinweg sahen die Kanzlerin und ihre Regierung untätig zu, wie in Italien und Griechenland die Flüchtlinge an Land kamen.

3. In den 1990er Jahren wurde den EU-Randstaaten in Dublin das Flüchtlingsabkommen aufgezwungen. Sie mussten dort Asyl beantragen, wo sie die EU betraten.

4. Anstatt Staat und Verwaltung hier frühzeitig auf die Flüchtlinge vorzubereiten, warteten Merkel und Co ab, bis Griechenland und Italien die Grenzen öffnen mussten. Wir ließen sie mit den Problemen allein.

Wenn jetzt die „alternative“ taz das Hohelied der Kanzlerin singt, sagt das etwas darüber aus, wie man sich mit der „Abwehr“ von Flüchtlingen in Deutschland einig ist. Grünen-Palmer kann jetzt an der Grenze Mazedoniens sehen, wie das Resultat seiner Forderung nach gesicherten Grenzen umgesetzt wird. Willkommen im gemeinsamen Club von Merkel, Palmer und Petry.

PHILIPPE RESSING , taz.de

CDU wählen? Nein

betr.: „Kanzlerin der Herzen“,taz.de vom 1. 3. 16

CDU wählen? Es ekelt mich, nur daran zu denken. Nur weil Merkel einen hellen, weil menschlichen Moment hatte (der von der politischen Realität längst wieder geschwärzt wurde), sollte ich die lange Reihe von reaktionären Machtmenschen und faschistoiden Schreihälsen vergessen? Von Strauß, Filbinger über Dregger, Koch, Bouffier bis hin zu Steinbach und wie sie noch alle heißen (und es stehen genug in den Startlöchern …)? Niemals.

Ich konnte Richard v. Weizsäcker für seine Rede 1985 Achtung zollen, ich schätze Heiner Geißlers Mut, auch im Alter neue Einsichten zuzulassen. Und auch Norbert Blüm konnte man zumindest abnehmen, das er sich mehr für Menschen als für die Partei einsetzte. Aber sind sie ein Abbild des politischen Willens der CDU? Nein. Figuren wie der Rollstuhltäter Schäuble und Thomas „Das wollt ihr alles gar nicht wissen“ DieMisere bestimmen die menschenverachtende Politik dieser Partei. Sie sind die Strippenzieher und Frau Merkel verschafft diesen Gestalten lediglich das menschliche Antlitz.

AMADEUPRADO , taz.de

Merkels Feinde

betr.: „Kanzlerin der Herzen“,taz.de vom 1. 3. 16

Ich stimme vielen klugen Sätzen zu. Aber CDU zu wählen, weil man Merkels bisherige Haltung in der Flüchtlingspolitik gut findet, wäre ja paradox. In der CDU/CSU (und in der AfD) sitzen ja Merkels größte Feinde. Frau Merkel hat ganz viele sehr fragwürdige Entscheidungen zu verantworten. Aber mit dem endgültigen Entschluss für die Energiewende und die Abkehr von der Kernkraft und jetzt mit dem einsamen, aber standhaften menschlichen Gesicht in dieser Flüchtlings- und Europakrise hat sie richtige und mutige Entscheidungen getroffen. Die dritte, größte und anstrengendste Aufgabe aber wird Frau Merkel nicht mehr schaffen: den unglaublich schnell und sehr gefährlich aufkeimenden Rechtsradikalismus in Deutschland zu bekämpfen. Der legt sich nicht wieder von alleine. Da helfen gute Worte nicht mehr. Und die CDU schon gleich gar nicht.

MISANTHROP , taz.de

Lieber werfen

betr.: „Kanzlerin der Herzen“,taz.de vom 1. 3. 16

bitte niemand mehr eine partei wählen, sondern köstliche torten backen, schönste lyrik und kunst verfertigen – und damit „werfen“ …

GION , taz.de