„Direkter Kontakt zur Verwaltung ist wichtig“

Hakan Tas vertritt bislang Lesben und Schwule im Integrationsbeirat. Künftig will er im Beirat als gewähltes Mitglied arbeiten. Er findet, dass das Gremium eine starke Interessenvertretung ist und das bisherige Wirken erfolgreich war

taz: Herr Tas, Sie gehörten im Beirat bisher nicht zu den gewählten Migrantenvertretern.

Hakan Tas: Richtig, ich bin in einer der ersten Sitzungen des Beirats auf Antrag der Migrantenvertreter als zusätzliches Mitglied ernannt worden, damit auch die lesbischen und schwulen Migranten im Beirat eine Stimme haben. Der Antrag wurde einstimmig angenommen, ich konnte mit Stimmrecht an allen Sitzungen teilnehmen und hatte immer das Gefühl, sehr willkommen zu sein.

Nun wollen Sie sich heute zur Wahl stellen und einen der sechs regulären Migrantensitze einnehmen. Warum?

Ich möchte bei der Arbeit im Integrationsbeirat nicht nur über meine sexuelle Identität vertreten sein. Auch die anderen Migrantenvertreter, die jeweils für bestimmte Regionen gewählt wurden, haben ja nicht die Zuwanderer von dort vertreten. Es geht um Berlin, es geht um Beteiligung und nicht um eine Konkurrenz verschiedener Gruppen oder Herkunftsregionen.

Welche Region werden Sie denn vertreten?

Keine. Das Regionenprinzip war ja nur eine Notlösung, um eine Grundlage für eine möglichst breite Beteiligung zu schaffen. Diesmal ist es etwas modifiziert worden. Die Region „Ehemalige Sowjetunion“ wurde „Europa außerhalb der EU“ zugeordnet und damit ein freier Migrantensitz geschaffen, der keiner Region zugeordnet ist.

Wer hat Sie bei der Nominierung unterstützt?

Man braucht die Unterstützung von mindestens drei Vereinen, die in der Wählerliste des Innensenats stehen. Ich werde vom Verein Türkisch-deutscher Kaufleute, von der Assyrischen Union, dem Kurdischen Zentrum und dem Verein Oromo Horn vom Afrika Zentrum unterstützt.

Was bringt Ihnen dieser Rollenwechsel vom ernannten zum gewählten Vertreter?

Nichts. Es geht mir nur darum zu zeigen, dass auch Menschen, die einer Minderheit innerhalb einer Minderheit angehören, in der Lage sind, gesamtgesellschaftliche Aufgaben wahrzunehmen. Die türkischen Organisationen wagen noch nicht, von sich aus einen offen schwulen Kandidaten zu benennen. Das wäre wünschenswert für die nächsten Jahre, aber ich weiß sehr gut, welche Einstellungen in vielen türkischen Organisationen Homosexuellen gegenüber bestehen. Da fehlt bisher noch eine gewisse Weite.

Wenn Sie gewählt werden, könnten zwei der sechs Migrantenvertreter türkischstämmig sein. Hat es dagegen keine Proteste von anderen Mitgliedern des Beirats gegeben?

Nein.

Warum ist Ihnen die Mitarbeit im Integrationsbeirat eigentlich so wichtig?

Weil der Integrationsbeirat endlich die Möglichkeit zu einem direkten Kontakt zur Verwaltung bietet. Ich arbeite seit zwanzig Jahren in Migrantenorganisationen und habe viele Vereine mit gegründet. Da hat man eine Menge Erfahrung mit den unsichtbaren Mauern in den Verwaltungen, mit Sachbearbeitern oder Politikern, denen man die Lage immer wieder ganz von vorn erklären muss. Deshalb habe ich mich im Integrationsbeirat auch in der AG „Interkulturelle Öffnung“ engagiert, und ich denke, wir haben viel erreicht. Zum Beispiel, dass sich die Ausländerbehörde jetzt regelmäßig mit Vertretern des Migrationsrats an einen Tisch setzt.

Diese Treffen sind ja auch im Zuge der Einrichtung des Integrationsbeirats entstanden.

Genau. Damit gibt es zum ersten Mal einen starken Interessenverband von Migrantenorganisationen in Berlin, und zwar über alle ethnischen Grenzen hinweg. Ich denke, dass diese beiden neuen Einrichtungen wirklich für politische Veränderungen in Berlin sorgen konnten. Unsere Arbeit war nicht umsonst

. INTERVIEW: ALKE WIERTH