Alles ein Missverständnis?

SICHERHEIT Vor Brötchen mümmelnden Abgeordneten, denen wohl eine Mittagspause fehlte, wurde gestern eine Dramafarce gegeben: "Das Terror-Wochenende aus Sicht von Quelle Nr. 1"

Mit hochrotem Kopf sitzt Wilhelm Hinners im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Bremer „Terror-Wochenende“. Dabei ist der CDU-Abgeordnete natürlich nicht Zeuge, sondern gehört zu denen, die die bohrenden Fragen zu stellen haben - gestern der Journalistin Beate Krafft-Schöning, die als Hinweisgeberin für die vermeintliche Verteilung von 60 Maschinenpistolen in der Bremer Salafisten-Szene gehandelt wird.

Hinners erntet Lachsalven, als er mit gewisser Umständlichkeit zu erklären versucht, warum er die Zeugin gerade unwillkürlich geduzt hat. Doch seine ungelenke Erklärung bleibt ähnlich nebulös wie die Hintergründe des martialischen Polizeiaufgebots, das im Februar 2015 das Islamische Kulturzentrum (IKZ) auf der Suche nach Kriegswaffen stürmte – und die gesamte Innenstadt in einen Belagerungszustand versetzte. Angeblich soll, neben einem V-Mann des Zolls, Krafft-Schöning den Behörden den entscheidenden Hinweis gegeben haben, dass im IKZ Waffen verteilt würden.

Doch die Journalistin, der als Autorin eines Buches über den Bremer Miri-Clan heiße Drähte zu relevanten Kontaktpersonen zugeschrieben werden, bestreitet das vehement. Sie habe zwar Informationen über mögliche Waffenbeschaffungen weiter gegeben, sagte sie gestern, dabei aber das IKZ nur am Rande erwähnt. Gleichzeitig räumte sie allerdings ein, dass einer ihrer Informanten einen potenziellen Waffenkäufer auf einem Foto „als IKZ-Gänger“ identifiziert habe – und das habe sie dem Verfassungsschutz auch mitgeteilt.

Als Mittelsfrau zum Verfassungsschutz kontaktierte Krafft-Schöning wiederholt die heutige Presse-Referentin des Innenressorts, Rose Gerdts-Schiffler. „Wir kennen uns aus Weser-Kurier-Zeiten“, erklärte Krafft-Schöning dem Ausschuss. Bei diesen Kontakten scheint es zu einigen Missverständnissen gekommen zu sein. Aus Sicht von Krafft-Schöning wurde sie anschließend zu Unrecht als diejenige verdächtigt, die das IKZ zur Zielscheibe staatlicher Gewalt machte, was eine erhebliche Gefährdungslage für sie und ihre Familie nach sich gezogen habe. Vom Verfassungsschutz sei ihr Vertraulichkeit zugesagt, aber nicht eingehalten worden.

Hinners, als Ex-Polizist eigentlich ein professioneller Befrager, arbeitete bei der Vernehmung einen weiteren Punkt heraus: Die Einschätzung der Zeugin, dass statt einer Durchsuchung des IKZ vielmehr die der Grohner Düne nahe gelegen hätte. HB