Die Niederlagensieger

Der FSV Mainz 05 spielt gegen Hertha BSC Berlin wieder einmal richtig gut Fußball und erfreut sich an der eigenen Leistung. Die klare 1:3-Niederlage in der Hauptstadt kann daran nichts ändern

AUS BERLIN ANDREAS RÜTTENAUER

Es war nicht das erste Mal in dieser Saison, dass der FSV Mainz 05 nach einer Niederlage für seine Leistung über den grünen Klee gelobt wurde. Auch der Trainer der siegreichen Mannschaft von Hertha BSC schloss sich den Lobeshymnen an, die am Samstag auf die Gäste aus Rheinland-Pfalz gesungen wurden. „Gratulation zu dieser Leistung“, meinte Falko Götz nach dem 3:1-Sieg der Hertha in Richtung seines Kollegen Jürgen Klopp. Der nahm dankend an und tat so, als überwiege bei ihm die Freude über das gute Spiel seiner Mannschaft den Ärger über die Niederlage, nach der die Mainzer in der Bundesliga wieder auf einem Abstiegsplatz stehen.

In der Tat gelang es den Mainzern beinahe das ganze Spiel über, den Ball auf ansehnliche Art und Weise nach vorn zu tragen. Auch die Eckbälle, die Antonio da Silva ein ums andere Mal vor das Tor zirkelte, waren schön anzusehen. Und hätte nicht Christian Fiedler im Hertha-Tor einen dieser Tage erwischt, in denen beinahe alle Torschüsse auf schier wundersame Art in seinen Armen landen, Mainz hätte sicher mehr als diesen einen Treffer erzielt, der Manuel Friedrich (71. Minute) erst gelang, als Hertha schon mit 3:0 (5. und 34. Marcelinho; 67. Pantelic) in Führung lag. Jürgen Klopp kommentierte die Leistung Fiedlers auf eine ganz eigene Weise: „Ich hatte den Eindruck, dass bei den Chancen, die wir nicht genutzt haben, relativ wenig Eigenverschulden dabei war.“ Und im Stile eines Politikers, der zum Stand von Koalitionsverhandlungen Stellung nimmt, fuhr er fort: „Wir werden das Ganze dann ergebnisunabhängig in der Analyse bearbeiten.“ Trotz dieses wenig eindeutigen Satzes wurde schnell klar, wie die Mainzer weitermachen wollen in der Bundesliga: so wie bisher.

Jürgen Klopp wird weiterhin mit Aussagen wie: „Wir haben sehr viel richtig gemacht“, dafür sorgen, dass die Mannschaft an sich glaubt. Er ist überzeugt, dass sich die Erfolge noch einstellen werden. Auch wenn der Blick auf die Tabelle, das gab auch der Niederlagensieger Klopp zu, derzeit nicht gerade erfreulich ist, Mainz will weiter die Gute-Laune-Bande der Liga bleiben, weiterhin mutig agieren, offensiv, schnell und planvoll kicken und vor allem so auftreten, dass selbst die kritischsten Beobachter der Szene nicht übersehen können, dass da Männer Fußball spielen, denen es einfach Spaß macht.

Der SC Freiburg, jene Mannschaft aus dem Südwesten, die lange Zeit für Spaß und Spielkultur in der Bundesliga stand und die im vergangenen Jahr mit biederem Brechstangenfußball die Klasse nicht halten konnte, ist längst vergessen. Der andere Fußball wird nun in Mainz gespielt. Der Mannschaft reitet auf einer Welle der Sympathie.

Das führt dazu, dass einige Spieler selbst nach einer Niederlage wie der gegen Hertha nicht mit hängenden Köpfen in die Kabine schleichen, sondern vor Selbstbewusstsein nur so strotzen. Völlig verständnislos starrte Michael Thurk nach dem Spiel einen Reporter an, der gefragt hatte, ob Mainz ein gleichwertiger Gegner für die Berliner gewesen sei. Dann schüttelte er den Kopf und sagte: „Gleichwertig? Wir waren die bessere Mannschaft!“ Es hat ihm niemand widersprochen am Samstag.

Sie werden einfach gemocht die Mainzer derzeit und sie wollen auch unbedingt gemocht werden. FSV-Manager Christian Heidel konnte gar nicht verstehen, dass Hertha-Manager Dieter Hoeneß via Presse und Stadionmagazin die Mainzer dafür verantwortlich gemacht hatte, dass das Bundesligaspiel nach der Uefa-Cup-Begegnung am Donnerstag nicht auf den Sonntag verlegt werden konnte. „Ich weiß nicht, warum er es nötig hat, Mannschaft und Zuschauer auf diese Weise anzustacheln“, fragte sich Heidel. Hoeneß hätte sich einfach früher um eine Verlegung bemühen müssen, erklärte er, nicht erst ein paar Tage vor dem Spieltag, zu einem Zeitpunkt, an dem in Mainz bereits 800 Karten für das Berlinspiel verkauft worden seien. Heidel war ganz außer sich darüber, dass jemand gegen seine Mainzer gewettert hat. So etwas sind sie nun gar nicht gewöhnt in der Pfalz.

An Niederlagen nach gutem Spiel dagegen schon, auch wenn es in Berlin besonders bitter war. „Wir hatten ja schon einige solche Spiele, aber das war die Krönung“, meinte Manager Heidel. Er war der einzige schlecht gelaunte Mainzer an diesem Nachmittag in Berlin.

Hertha BSC: Fiedler - Arne Friedrich (81. Marx), van Burik, Madlung, Fathi - Dardai - Bastürk (86. Neuendorf), Marcelinho, Schröder - Rafael (68. Samba), PantelicFSV Mainz 05: Wache - Demirtas (85. Jovanovic), Manuel Friedrich, Noveski, Weigelt - Addo (77. Geißler), Pekovic, da Silva - Thurk, Ruman (71. Zidan) - AuerZuschauer: 36.392; Tore: 1:0 Marcelinho (5.), 2:0 Marcelinho (34.), 3:0 Pantelic (67.), 3:1 Manuel Friedrich (71.)