DER MEHLIS-BERICHT HILFT BUSH, HÄRTER GEGEN SYRIEN VORZUGEHEN
: Zweifelhafte Jagd

Die Bush-Administration reagierte sehr schnell auf den Mehlis-Bericht an die Vereinten Nationen. Scheint er doch nur zu bestätigen, was die USA seit langem zu wissen meinen. Dass Syrien nach dem Fall Saddam Husseins im Irak nun das einzige noch übrig gebliebene Regime in der Region ist, dass Terror staatlich unterstützt. Präsident George W. Bush hatte deshalb am Freitag kurz nach Bekanntwerden des für Syriens Regime immerhin kompromittierenden UN-Berichts über die Ermordung des früheren libanesischen Premiers Rafik al-Hariri gedrängt, der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen müsse so schnell wie möglich zusammenkommen.

Die USA meinen genug Gründe zu haben, mit Syrien hart ins Gericht gehen zu müssen. Sie machen den Staat verantwortlich für die Unterstützung von Terroristen und sunnitischen Aufständischen im Irak. Der diese Woche erwartete zweite UN-Bericht über Syriens Verwicklung in die Hisbollah und mögliche Waffenlieferungen an Palästinenserlager im Libanon wird Bush als Bestätigung dienen.

Das alles läuft auf eine harte Konfrontation mit Syrien hinaus. Syriens Präsident Baschar al-Assad hatte kürzlich ausdrücklich in mehreren Interviews wissen lassen, dass seine Regierung nichts mit dem Hariri-Mord zu tun habe. Und wenn doch, sagte Assad, sei es Hochverrat. Schnell wird sich die Lage dahingehend zuspitzen, dass al-Assad – wie damals Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi im Fall Lockerby – Position ergreifen muss. Ist es Hochverrat, muss er einige wichtige Männer vor Gericht stellen. Die Frage ist, vor welches?

Auch hier werden die USA mitreden wollen. Ist Assad persönlich verantwortlich, werden die USA, diesmal mit Frankreichs Unterstützung, darauf drängen, ihn zur Verantwortung zu ziehen. Obwohl Syrien kaum Freunde unter den arabischen Staaten hat und sich laut USA auch Ägypten für angemessene Schritte gegen Syrien ausgesprochen haben soll, so fürchten doch Nachbarstaaten wie die Türkei – auch Israel – eine Destabilisierung der Region, sollte das Regime in die Enge getrieben werden. Hier muss der UN-Sicherheitsrat Fingerspitzengefühl zeigen. ADRIENNE WOLTERSDORF