Gesetzentwurf von Nahles auf Eis gelegt

Arbeit Die CSU blockiert die Bekämpfung des Missbrauchs bei der Leiharbeit und den Werkverträgen

Zweiklassengesellschaft, auch bei der Reinigung Foto: Jens Büttner/dpa

BERLIN taz | Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) spricht von einer „heftigen Auseinandersetzung“, CSU-­Lan­desgruppenchefin Gerda Hasselfeldt von einem „völlig normalen Vorgang“: In der Bundesregierung wird heftig über das im schwarz-roten Koalitionsvertrag vereinbarte Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen gestritten. Die CSU blockiert den im Arbeitsministerium ausgearbeiteten Entwurf. Anders als geplant, wird es deshalb vorerst keine Kabinettsberatung darüber geben.

Nach Mindestlohn, Rente mit 63 für langjährig Beschäftigte und dem hochumstrittenen Tarifeinheitsgesetz ist das Leiharbeitsgesetz das letzte größere Reformvorhaben in dieser Legislaturperiode von Andrea Nahles. Doch nun steht es auf der Kippe.

Die CSU behauptet, dass die Vorlage des Nahles-Ministe­riums immer noch Regelungen enthalte, die über den Koali­tions­vertrag hinausgingen. „Deshalb sehen wir noch Änderungsbedarf“, so Hasselfeldt. Mit der Bitte, keine Zustimmung zur Ressortabstimmung des Gesetzentwurfs zu geben, hat die CSU Anfang der Woche eine dreiseitige Mängelliste an Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) geschickt. Damit ist der eigentlich für den 9. März geplant gewesene förmliche Kabinettsbeschluss über den Entwurf jetzt erst mal „auf Eis gelegt“, wie Nahles am Mittwoch frustriert feststellen musste.

Die Gewerkschaften sind empört. „Die CSU will Leiharbeit und Werkverträge weiter als Instrument zur Entsicherung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und zur Lohndrückerei missbrauchen“, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske.

Der DGB-Vorsitzende Frank Hoffmann warf der Union vor, sie wolle „offenbar unbedingt die Zweiklassengesellschaft im Betrieb“ und sei „nicht willens, dem fortgesetzten Lohn- und Sozialversicherungsbetrug endlich einen Riegel vorschieben“.

Der Einspruch aus München kommt überraschend. Denn auf Druck der Unternehmerlobby und der Union hatte die Bundesarbeitsministerin ihren ursprünglichen Referentenentwurf von Mitte November deutlich abgeschwächt. Von einer „Mogelpackung“ sprachen die Grünen, von einem „Kniefall vor den Arbeitgebern“ die Linkspartei. Nahles mache sich „zur Leiharbeiterin der Arbeitgeberverbände“, spottete der Linkspartei-Abgeordnete Klaus Ernst.

Der CSU gehen die Zugeständnisse von Nahles jedoch noch nicht weit genug. Insbesondere jene Regelungen sind ihr ein Dorn im Auge, bei denen es um eine Stärkung gewerkschaftlicher Positionen in den Betrieben geht. So bemängelt die Partei die Differenzierung zwischen tarifgebundenen und tarifungebundenen Unternehmen in dem Gesetzentwurf. Denn Letztere sollen nach den Plänen von Nahles die Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten, in denen ein Leiharbeiter in einem Betrieb arbeiten darf, in Ausnahmefällen nur um sechs Monate überschreiten dürfen. Für tarifgebundene Unternehmen ist eine solche Einschränkung nicht vorgesehen.

Eine solche Ungleichbehandlung sei „weder notwendig noch sachgerecht“ und auch nicht im Koalitionsvertrag enthalten. Ebenso wenig hält die CSU von Konsultationsrechten des Betriebsrats, die bei den Neuregelungen für Werkverträge vorgesehen sind. Die Überprüfung von Beschäftigungsbedingungen von Drittpersonal sei keine Aufgabe des Betriebsrats, argumentiert sie.

Die CSU hält die Festschreibung eines Streikbrecherverbots für überflüssig

Obwohl eindeutig im Koali­tions­vertrag vereinbart, hält die CSU außerdem die gesetzliche Festschreibung eines Streikbrecherverbots für Zeitarbeiter für überflüssig. Gerade dieser Punkt ist den Gewerkschaften aber besonders wichtig.

Sie könne „nur feststellen, dass mit der CDU/CSU zurzeit offensichtlich keine Gesetze möglich sind, die den ­Menschen in diesem Land zugutekommen“, kommentierte An­drea Nahles. Pascal Beucker