Hardcore-Neujahrsempfang mit Extreme Noise Terror
: Ein Holocaust in deinem Kopf

Das waren noch Zeiten: Bands wie Napalm Death, Terrorizer, Defecation oder Carcass – die Übersetzung dieser Namen erübrigt sich entweder oder verstößt gegen den guten Geschmack – nahmen Platten auf, die auf Deutsch „Abschaum“, „Sinfonien der Krankheit“ oder „Ein Holocaust in deinem Kopf“ hießen und bei Labels erschienen, von denen eines der wichtigsten „Earache“ – „Ohrschmerz“ hieß. In den Texten wurde gemetzelt, was das Zeug hielt, musikalisch noch viel mehr.

Neben einem durchaus sportlichen Wettbewerb um die höchstmögliche Geschwindigkeit, die kürzesten Songs sowie die Frage, wer die meisten davon auf eine Platte quetschen kann, war die Szene geprägt von strengen ethischen Maßstäben: Fleisch essen war indiskutabel, Mc Donald’s erst recht, Faschismus, Sexismus, Rassismus und derlei mehr waren ebenso geächtet wie Krieg und Gewalt ganz allgemein. Eine der wichtigsten Bands dieser Sektion der Hardcore-Szene waren Extreme Noise Terror aus dem britischen Ipswich. Von John Peel hofiert, von den britischen Elektronik-Pionieren The KLF zur Kooperation geladen, prägten sie in der zweiten Hälfte der 80er Jahre neben den etwas metal-affineren Napalm Death wesentlich das, was man Grindcore nannte. Aus den alten Tagen ist, wie bei den Napalm-Tod-Kollegen, kaum noch einer dabei, aber das ist eigentlich auch egal. Personenkult war in der Szene verpönt, Rockstar-Allüren wurden gnadenlos gedisst.

Heute Abend ist dann zu sehen, ob das mehr sein kann als eine Nostalgiesause. Ein Gegengift zum Besinnlichkeitsterror dieser Tage wird es aber allemal werden.

■ Freitag, 19 Uhr, Juz Dampfmühle, Verden