Fremd geblieben

THEATER Das Staatstheater Braunschweig bringt Jonas Hassen Khemiris Roman „Montecore, ein Tiger auf zwei Beinen“ auf die Bühne

In den 1970ern lernt der Tunesier Abbas die Schwedin Pernilla kennen und zieht der Liebe wegen nach Nordeuropa. Dort aber muss er schnell einsehen, dass seine Fremdheit seinem Wunsch, Kunstfotograf zu werden, im Weg steht. Statt selbst zu fotografieren, führt er als Assistent eines schwedischen Fotografen nur dessen Hund Gassi.

Erfolgreich Fuß fasst er in der neuen Heimat erst, als er beginnt, Schwedisch zu sprechen, sich einen Künstlernamen zu geben und sich widerspruchslos an die schwedische Gesellschaft anzupassen. Irgendwann beginnt Abbas selbst, auf Ausländer zu schimpfen und dem gemeinsamen Sohn Jonas den Umgang mit anderen Einwandererkindern zu verbieten. Immer weiter distanziert sich Jonas dabei vom Vater.

Als in einem zunehmend rassistischen Klima ein Attentäter beginnt, wahllos eingewanderte Schweden zu erschießen, wandelt sich der Schmerz über den Wandel des Vaters schließlich in Wut. Dann wird auch Abbas’ Fotostudio abgebrannt, voller Scham verlässt der Vater seine Familie und kehrt nach Tunesien zurück – um einige Jahre später wieder in Schweden aufzutauchen.

Jonas ist längst erwachsen und arbeitet an seinem zweiten Roman. Dessen Gegenstand schlägt ein alter Jugendfreund des Vaters vor: die Lebensgeschichte Abbas’. Kadir will in Tunesien über dessen Jugend schreiben, Jonas soll in Schweden seine Erinnerungen an den Vater beisteuern. Die beiden beginnen, sich Briefe zu schreiben, und es entsteht ein Dialog über den Konflikt zwischen Vater und Sohn und die Situation von Einwanderern, in dessen Verlauf auch das Bild Schwedens als eines liberalen und toleranten Landes zunehmend ins Wanken gerät. Und nicht zuletzt ein Dialog über die Entstehung eines Romans, das Verhältnis von Realität und Fiktion und den Versuch, eine gemeinsame Sprache zu finden.

Ab Mittwoch wird der zweite Roman „Montecore, ein Tiger auf zwei Beinen“ des schon für sein Debüt „Das Kamel ohne Höcker“ gefeierten tunesisch-schwedischen Schriftstellers Jonas Hassen Khemiri am Staatstheater Braunschweig in einer Inszenierung von Mina Salehpour erstmals in Deutsch auf die Bühne gebracht.  MATT

■ Braunschweig: Mi, 9. 1., 20 Uhr, U22, Magnitorwall 18; weitere Termine: 13. 1., 22. 1., 1. 2., 15. 2., je 20 Uhr